nd-aktuell.de / 08.08.2014 / Politik / Seite 4

Ein Salafist aus Sachsen

Silvio K. will die Kanzlerin und seinen Ex-Nachbarn umbringen

Fabian Lambeck

Wenn die deutschen Behörden nach einem jungen »Extremisten« fahnden, der Silvio K. heißt und aus Mittelsachsen stammt, dann kann es sich nur um einen militanten Neonazi handeln. Doch weit gefehlt! Silvio K. ist kein Rechtsextremist. Der 27-Jährige trägt einen langen Bart, exotische Gewänder und ist seit Jahren Angehöriger der bizarren Subkultur der Salafisten. Die »Westdeutsche Allgemeine« nennt ihn gar »das deutsche Gesicht der Terrorgruppe ISIS«, die derzeit in Syrien und Irak ihr Unwesen treibt. Nach Recherchen der WAZ gehörte K. zum Umfeld des 2012 verbotenen Vereins »Millatu Ibrahim«, der in Solingen eine Moschee betrieb, in der ein radikaler Dschihad gepredigt wurde. Zudem kannte er den Frankfurter Flughafenattentäter Arid U. Die Bluttat bewirkte kein Umdenken bei dem schlaksigen Sachsen.

Im Gegenteil: Silvio K. hat sich in den Nahen Osten abgesetzt und betreibt Öffentlichkeitsarbeit für die Islamisten. Obwohl die Salafisten ein Kalifat errichten wollen, das ideologisch in der Spätantike verhaftet ist, nutzt Silvio K. moderne Kommunikationskanäle, um die Botschaften der ISIS in alle Welt zu tragen. Er setzt regelmäßig Twitter-Tweeds ab und tritt in Videos auf, die sich Interessierte auf Online-Plattformen anschauen können. Doch er kann es auch klassisch: In einem wirren Schreiben kündigt K. nun Terrorangriffe auf den Atomwaffenstützpunkt Büchel und seinen ehemaligen Nachbarn in Solingen an. Offenbar schieden die beiden im Streit. In seiner alten Wohnung fand sich im Dezember auch ein Aufruf zu einem Anschlag auf die Kanzlerin. PR-Profis wissen: Klappern gehört zum Geschäft. Trotzdem macht man sich beim Bundesverfassungsschutz sorgen. Über 400 deutsche Salafisten sollen nach Syrien gereist sein. Radikalisierte Rückkehrer könnten zum Sicherheitsproblem werden, fürchten die Beamten. Schließlich seien sie kampferprobt. Doch offenbar macht sich die ISIS nicht die Mühe, die jungen Männer auszubilden. Stattdessen verheizt man die deutschen Glaubensbrüder bevorzugt bei Selbstmordattentaten.