»Wir sind nicht machtlos«

Aktivist Anthony Lyamunda über Kampagnen gegen den Uran-Bergbau in Tansania

  • Lesedauer: 5 Min.
Tansania ist auf dem Weg, einer der größten Uranexporteure zu werden. Auch wenn die Förderung noch nicht begonnen hat, sind die Pläne der Regierung klar. Ein Gespräch mit Anthony Lyamunda, Direktor von CESOPE, einer tansanischen Umweltorganisation und Partner der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), über den Stand zum Uranabbau und zivilgesellschaftlichen Widerstand. Mit ihm sprach für »nd« Andreas Bohne, Projektmanager Ostafrika bei der RLS.

nd: Warum wurde Tansania in den vergangenen Jahren für einen geplanten Uranabbau interessant?
Lyamunda: Wegen politischer Weichenstellungen. Uranlagerstätten Tansanias sind seit den 1970er Jahren bekannt. Aufgrund der gesetzlichen und politischen Lage gab es zu dieser Zeit des Ujamaa-Sozialismus unter Julius Nyerere jedoch keine Erlaubnis für ausländische Unternehmen, Uran abzubauen. Mit dem Umschwung zum Kapitalismus nach 1985 öffnete die Regierung die Tür für Investoren, auch im Rohstoffsektor. Uranvorkommen in Tansania sind sehr oberflächennah, so dass der Aufwand für den Abbau nicht so hoch ist.

Welche Rolle spielt die tansanische Regierung?
Alles dreht sich um »Entwicklung«. Es geht um Einnahmen, die unter anderem durch den Uranabbau erzielt werden und die die Wirtschaft stärken sollen. Tansania verfolgt die Zielstellung, zukünftig eines der führenden Bergbauländer zu werden. Das gilt natürlich nicht nur für Uran, sondern auch für weitere Rohstoffe.

Gibt es Pläne für den Bau von Atomkraftwerken in Tansania oder in Ostafrika?
Nein. Es gab lediglich das Gerücht, dass der französische Konzern AREVA eine solche Idee hatte. Aber für Tansania ist das gerade weniger von Interesse. Hier wird aufgrund der großen Vorkommen die Verstromung von Gas und mit Sicherheit auch von Kohle vorangetrieben.

In vielen Ländern erhalten multinationale Bergbauunternehmen Steuervorteile und Privilegien. Wie ist die Situation in Tansania?
Genauso. Das ist ein großes Problem. Als Organisation versuchen wir dagegen anzukämpfen, denn wir sehen die Ausnahmen beim Goldabbau. Unternehmen erhalten Steuerbefreiungen für einige Jahre, auch sind die Lizenzgebühren nicht hoch.

Sie arbeiten bei CESOPE, einer Nichtregierungsorganisation (NRO). Was steht im Zentrum ihrer Arbeit?
Unsere Mission liegt vor allem im Umweltschutz, er ist für eine menschenrechtsbasierte Entwicklung notwendig. Unser gegenwärtiger Schwerpunkt liegt insbesondere auf dem Uranabbau, da er viele Probleme für die betroffene Bevölkerung verursacht. Uranabbau schafft Umweltprobleme, aber kaum Arbeitsplätze. Das zeigen auch die Erfahrungen anderer Länder.

Was setzen Sie dem geplanten Uranbergbau entgegen?
Wir richten unsere Aktivitäten im Bereich der politischen Bildung auf die Gefahren des Uranabbaus aus. Die betroffenen Personengruppen und Gemeinschaften wissen noch nicht viel über Uran. Wir möchten aktive Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, die wissen, welche Verantwortung ihre eigene Regierung und die politischen Parteien haben. Die Leute denken, sie sind machtlos und das macht sie zu leichten Opfern der Regierungspolitik. Daher führt CESOPE bei den Gemeinschaften in der Bahi-Manyoni-Region, die in der Nähe der Erkundungsgebiete liegen, Kampagnen durch.

Was sind die Hauptbedenken und Kritiken?
Das Bahi-Sumpfgebiet ist von besonderem Interesse, da es für die Sicherung der Ernährung für die lokale Bevölkerung - und darüber hinaus - von zentraler Bedeutung ist.

Wie ist der Stand der Vorbereitungsmaßnahmen und welche Firmen sind aktiv?
Die Erkundung nähert sich dem Ende. Wir wissen aber nicht, wann der Abbau beginnt. In Bahi und Manyoni sind die australischen Firmen Uranex und Mantra Resources aktiv.

Die Hauptstadt Dodoma, Sitz des nationalen Parlaments, liegt nicht weit entfernt. Wie ist die Position der Parlamentarier und Parlamentarierinnen, insbesondere der lokalen, zum Uranabbau?
Sie haben dem Mining Act 2010 zugestimmt. Die Unternehmen haben unter den Parlamentariern stark lobbyiert. Daher glauben viele, dass Uran keine Probleme und Risiken verursacht und wenn Uranabbau verboten würde, wäre das gegen die »Entwicklungsinteressen« des Landes gerichtet. Davon ausgehend machen auch viele Parlamentarier Lobbyarbeit unter der Bevölkerung, indem sie beispielsweise folgende Aussagen machen: »Vergesst was CESOPE erzählt, Uranabbau ist umweltfreundlich, schafft Arbeitsplätze und bringt Geld«. Somit wird die Realität entstellt.

Wie gehen Sie mit dem Argument um, dass der Uranabbau mehr Arbeitsplätze und Einkommen schafft als Landwirtschaft?
Wir verweisen auf den Goldabbau. Wie viele Arbeitsplätze hat dieser geschaffen? Wie ist die Situation der Bevölkerung, die um die Minen lebt? Sind sie reicher als zuvor? Die besseren Jobs werden überwiegend durch ausländische Ingenieure und Manager besetzt. Nur die Arbeit in den Bergwerken und Hilfsjobs werden der lokalen Bevölkerung angeboten.

Welche Möglichkeiten hat der lokale Widerstand und welche Wege wählen kleine NRO, um den Uranabbau zu verhindern?
Wir klären die Bevölkerung über die Gefahren auf. Das führt auch dazu, dass die Bevölkerung ihre politischen Führer befragt und ihre Lügen anprangert. Dann organisieren wir Konferenzen, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Es ist nicht einfach, die Dörfer und alle Landesteile zu erreichen, daher nutzen wir lokale Radiosender. Als das Thema Uran in Tansania im Jahr 2008 hochkam, gab es in der Zivilgesellschaft kaum Kenntnisse. Viele Organisationen fragten sich, warum wir den Uranabbau stoppen wollten, für sie war das Thema Landraub viel wichtiger. Wir hoffen, in zwei oder drei Jahren eine nationale Diskussion entfacht zu haben und versuchen die Uran-kritische National Coalition on Uranium Mining (Nationale Koalition zu Uran-Bergbau) zu etablieren, aber aktuell ist sie noch nicht sehr stark.

Ein weiteres Uran-Projekt ist am Mkuju River geplant, das auch das Selous Game Reserve als UNESCO Weltkulturerbe betrifft. Wie ist hier der Stand?
Die Erkundung ist abgeschlossen und die Firmen bemühen sich, Lizenzen für den Abbau zu bekommen. Wir haben gehört, dass dort schon in diesem Jahr mit den praktischen Arbeiten zum Uranabbau begonnen werden soll, allerdings sorgt der niedrige Uran-Weltmarktpreis wohl für eine Verzögerung. Hoffentlich bleibt es dabei.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal