Fisch auf dem Verhandlungstisch

Überarbeitung des Umweltlabels MSC zieht sich hin

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Beim Dienstag beginnenden Deutschen Fischereitag geht es um nachhaltig ausgerichtete Fischereipolitik. Doch es gibt derzeit Probleme beim Umweltsiegel MSC.

Fischstäbchen haben ihn ebenso wie mancher Ostseedorsch und selbst Krabben wurden schon mit dem Label »MSC« gesichtet. Der Marine Stewardship Council (MSC) - eine private gemeinnützige Organisation, an der sich Umweltverbände, Industrie und Wissenschaftler beteiligen - hat seit 1997 ein Umweltsiegel für Fisch aus nachhaltiger Fischerei entwickelt. Es gilt in Deutschland und weltweit als Marktführer. Derzeit sind 221 Fischereibetriebe nach MSC-Standard zertifiziert und rund 100 weitere befinden sich in der Prüfung.

Bislang wurden die Kriterien für die Vergabe mit jeder neuen wissenschaftlichen Entdeckung fortgeschrieben. Die Folge war ein permanentes Grummeln in der maritimen Szene. Mittlerweile wird seit anderthalb Jahren eine Überarbeitung des Fischerstandards verhandelt, die dann fünf Jahre gültig bleiben soll. »Es läuft alles nach Plan«, versichert eine MSC-Sprecherin in Berlin. Was heißt: »Es gibt die normalen Konflikte.« Einen machte kürzlich die Umweltstiftung WWF, Mitgründerin des MSC, publik: Vor der kanadischen Küste habe sich der Kabeljau trotz Fangstopps nicht erholt, obwohl jedes Weibchen jährlich bis zu neun Millionen Eier legt. Schuld sollen Muschelfischer sein, welche mit ihren Grundschleppnetzen die Kinderstuben des Kabeljaus umpflügen. Verbandsfunktionäre der Fischereiwirtschaft halten dies für eine Kleinigkeit, mit der sich Nichtregierungsorganisationen global im Gespräch halten - »schließlich leben sie von Spendengeldern«.

Immerhin scheint der lokale Konflikt die Verhandlungen in den MSC-Gremien in London zu verzögern. Ursprünglich sollten die überarbeiteten Standards Anfang August veröffentlich werden; nun soll es Oktober werden. Ab Dezember könnten sie dann für alle Neuanträge weltweit gelten.

Dabei ziehen Naturschützer und Fischer auf lange Sicht an einem Strang: Wenn es den Weltmeeren und ihren Bewohner gut geht, sind auch die Fangmengen größer. Doch kurzfristig fühlen sich kanadische Fischer, Küstenfischer in der Nordsee oder Hochseefischer im Mittelmeer von den Ökoforderungen nach weiteren Schutzgebieten in ihrer Existenz gefährdet. Und vielen Umweltschützern sind die MSC-Kriterien zu lasch.

Grundsätzlich können sich die Ergebnisse in Sachen Nachhaltigkeit aber sehen lassen - etwa beim meist gefangenen Speisefisch, dem Kabeljau oder Dorsch: Seit den 1950er Jahren lieben die Fänge blieben hoch und die Bestände nahmen schnell ab. Bis in die 1990er Jahre schwankten diese nur noch um den Limit-Referenzwert. Erst durch einen strikten Managementplan ab 2004 sowie die Bekämpfung der illegalen und unregulierten Fischerei gelang es, den Bestand wieder »aufzubauen«, heißt es beim bundeseigenen Thünen-Institut für Seefischerei in Hamburg. Dazu hat auch das MSC-Label beigetragen.

»Wir bewegen uns in die richtige Richtung«, versichert ein Sprecher des Deutschen Fischerei-Verbandes. Auf dem Deutschen Fischereitag, der am Dienstag in Fulda beginnt, werden sich 200 Teilnehmer aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft vor allem über die neue, nachhaltig ausgerichtete Fischereipolitik der Europäischen Union austauschen - und über Aquakulturen. Die Fischzucht ist vor allem in Asien weit verbreitet. In Europa sieht die Wirtschaft hier Nachholbedarf. Kein anderer Bereich der Nahrungsmittelproduktion ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten weltweit so stark gewachsen wie die Fischzucht. MSC-Zertifikate findet man hier aber bislang selten.

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