nd-aktuell.de / 30.08.2014 / Politik / Seite 15

Sechs Tage soziales Zentrum

Besetzte Ex-Kirche in Dortmund wurde am Freitag »als Tatort« beschlagnahmt und geräumt

Marcus Meier
Als Nazis vergangenen Samstag vor das frisch besetzte Zentrum zogen, flogen Steine. Fast eine Woche später rückte deshalb nun die Polizei an – und räumte gleich das besetzte Gebäude.

Dortmund. Ihre Demonstration in der Dortmunder Innenstadt, diesmal ging es gegen ein schwul-lesbisches Straßenfest, war mal wieder an Blockaden gescheitert. Gut dokumentiert ist, dass der einschlägig bekannte Nazi Peter G. mit einer Pfefferspray-Flasche herumfuchtelte und Journalisten (»Ihr Juden«) damit bedrohte. Erneut ein frustrierender Protesttag für die geschrumpfte, aber noch immer brutale Nazi-Szene der braunen Hochburg Dortmund. Also ließen sich die rund 100 Nazis am vergangenen Samstag per U-Bahn und unter Polizeischutz weiter karren zu einer frisch von libertären Linken besetzten ehemaligen Kirche in der Enscheder Straße.

Vor Ort wurden sowohl Staatsmacht als auch die Nazis mit Steinen beworfen – vom Dach der Ex-Kirche der Albertus-Magnus-Gemeinde aus. Gestern, sechs Tage danach, räumten hundert Polizisten das seit Jahren säkularisierte und leerstehende Gebäude.

Alle 40 anwesenden Besetzer wurden erkennungsdienstlich behandelt, zwei von ihnen, nach anderen Quellen lediglich eine Person, festgenommen. Der Vorwurf: versuchte Tötungsdelikte. Offenbar war der Behörde in den letzten Tagen spontan aufgefallen, dass einige der Steine in gefährlicher Nähe zu Menschen aufschlugen. Deswegen auch der plötzliche Verdacht auf ein Tötungsdelikt. Zudem wurde die Kirche »als Tatort« beschlagnahmt. Nun steht sie versiegelt und teils zugemauert in ihrem Problemviertel.

Knapp eine Woche nach einem versuchten Mord oder Totschlag kehrt die Polizei an den Tatort zurück und sucht Tatverdächtige? »Im Vorfeld wurden andere Ermittlungsmaßnahmen getroffen«, begründete Staatsanwalt Henner Kruse, Pressesprecher der Dortmunder Staatsanwaltschaft, gegenüber »nd« vage die zeitliche Distanz.

Auf Nachfrage räumte Kruse ein, dass die Täter vermummt gewesen seien. Aber anhand der Körpergröße oder »mit Hilfe des sichergestellten Vermummungsmaterials« könnten sich Anhaltspunkte ergeben. »Alles weitere müssen die Vernehmungen und die bei der Durchsuchung gesicherten Spuren ergeben.« Alle etwaigen Spuren jedoch dürften längst zerstört sein, und zwar doppelt und dreifach: Hunderte Menschen gingen in der besetzten Kirche ein und aus.