Selbst spektakuläre Erfolge helfen nicht

Georg Grozer will eine WM-Medaille. Trotz positiver Entwicklungen prophezeit er dem deutschen Volleyball eine schwere Zukunft

  • Lesedauer: 3 Min.
Am Montag begann die Weltmeisterschaft in Polen auch für die deutsche Nationalmannschaft. Trotz des klaren 0:3 gegen Titelverteidiger Brasilien in Katowice will die DVV-Auswahl in der Gruppe B mit den weiteren Gegnern aus Finnland, Kuba, Südkorea und Tunesien weiterkommen. Der deutsche Volleyball-Weltstar Georg Grozer sieht durchaus Medaillenchancen für sein Team. Darüber, sowie über den besonderen Stellenwert des Sports in Polen und die speziellen Schwierigkeiten in Deutschland sprach er mit Lars Becker.

nd: Bei Olympia 2012 und der Europameisterschaft 2013 war trotz starker Leistungen im Viertelfinale Schluss für die deutsche Nationalmannschaft, weil im entscheidenden Moment nicht die beste Leistung abgerufen werden konnte. Ist die Mannschaft jetzt einen Schritt weiter?
Grozer: Wir haben ja schon in der Vorbereitung mit unseren Erfolgen gegen Italien oder die USA bewiesen, dass wir auch die ganz Großen schlagen können. Jetzt müssen wir aber zeigen, dass wir das auch über die Dauer eines dreiwöchigen WM-Turniers schaffen können.

Gibt es ein konkretes Ziel?
Jeder fragt mich, ob wir bei dieser WM eine Medaille holen können. Ich denke, dass es wirklich möglich ist. Aber wir werden sehen, ob es diesmal schon klappt. Ich habe immer gesagt, dass ich bis Olympia 2016 eine Medaille mit dem deutschen Team gewinnen will. Aber da haben wir ja außerdem noch die EM 2015 und dann Olympia in Rio als Chance.

Deutsche Volleyballer haben letztmals vor 44 Jahren eine WM-Medaille gewonnen. Wie realistisch ist ein Podestplatz wirklich?
Es ist ein Traum von mir, und ich habe mir meine Träume bislang ganz gut verwirklicht. Ich habe mit meinem Verein Lokomotiv Belgorod die Champions League und die Klub-Weltmeisterschaft gewonnen. Ich bin sehr, sehr ehrgeizig und sehe das Potenzial, was in dieser deutschen Nationalmannschaft steckt. Und das werden wir in Polen zeigen.

Auf Ihnen als Superstar und Topscorer liegt trotzdem die meiste Verantwortung.
Ich fühle mich bereit und werde die Mannschaft antreiben, auch wenn es bei mir im Angriff mal nicht so läuft. Ich habe im Sommer zwei Monate freigemacht, fühle mich fitter als vor der EM im letzten Jahr. Ich bin im Topzustand, wie das gesamte Team.

Sie haben selbst schon bei einem Verein in Polen gespielt und den Meistertitel geholt. Was erwartet die Teams bei dieser WM?
Ein Riesenvolleyballfest. Das Auftaktspiel in Warschau haben 62 000 Zuschauer gesehen. Da muss man nichts weiter sagen. Die Polen sind volleyballverrückt, die Teams und Zuschauer werden viel Spaß haben.

Warum ist Volleyball in Polen die Nummer eins und in Deutschland nur ein Randsport?
In Deutschland gibt es Fußball, Fußball und noch mal Fußball. Dann vielleicht Formel 1, Basketball und Handball. Es ist schwer in so einem Land Volleyball hochzupushen. In Polen ist das einfacher. Die Fußballer sind nicht top, die Volleyballer hatten in den letzten Jahren große Erfolge.

Man könnte also Volleyball vielleicht auch in Deutschland mit Erfolgen in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit rücken?
Es würde vielleicht ein bisschen besser werden, aber nicht viel und nicht dauerhaft. Ich glaube nicht, dass Volleyball durch spektakuläre Erfolge viel populärer werden würde. Schauen Sie sich mal das Beispiel Handball an. Da hat Deutschland die Heim-WM gewonnen. Aber mittlerweile hört man auch nicht mehr viel von dieser Sportart. Volleyball hat in Deutschland einfach nicht den Stellenwert, da muss man realistisch sein.

Sie hatten bei den Olympischen Spielen 2012 in London auch die mangelnde Unterstützung des deutschen Verbandes für die Nationalspieler bemängelt. Hat sich seitdem etwas verbessert?
Ich habe über Dänemark eine Versicherung hinbekommen, sonst hätte ich im Nationalteam aufhören müssen. Außerdem haben wir ja einen neuen Präsidenten und alle bemühen sich wirklich. Wir haben zwei Sponsoren auf dem Trikot, dazu die Partnerschaft mit Unicef. Es passiert etwas, das ist gut für die Zukunft der jüngeren Spieler. Aber ich hoffe für die nächste Generation, dass noch mehr passiert.

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