nd-aktuell.de / 05.09.2014 / Berlin / Seite 11

Polizei verlegt Protest in der Gürtelstraße

Demonstranten fürchten Räumung des Hostels

Max Zeising
Die Polizei hat den protestierenden Demonstranten rund um die Gürtelstraße verboten, sich in der Nähe des Hostels aufzuhalten. Aus Sicherheitsgründen, wie sie behauptet. Die Unterstützer fürchten indessen eine weitere Räumung.

Ein einzelner Flüchtling saß am Donnerstagnachmittag auf dem Schornstein des Hostels in der Gürtelstraße in Berlin-Friedrichshain. »We are here and we will fight«, rief er herunter. Ein paar Demonstranten stimmten mit ein. Viele waren es aber nicht. Und wenn es nach dem Willen der Polizisten geht, dann soll es in Zukunft gar keiner mehr sein.

Denn »da sein und kämpfen«, wie der Demospruch übersetzt heißt, wird in Zukunft nur noch schwer möglich sein. Die Polizei räumte am Donnerstag den Protest vor dem Hostel und verlegte ihn hinter die Eisenbahnbrücke auf die Grünfläche an der Kreuzung zur Frankfurter Allee. Grund dafür ist ein Auflagenbescheid der Versammlungsbehörde. Darin steht, dass es am ursprünglichen Versammlungsort zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gekommen sei. »Durch eine Kontaktaufnahme mit den Flüchtlingen würde die Gefahrensituation auf dem Dach fortgesetzt«, sagte Polizeidirektor Thomas Böttcher. »Ganz bewusst« habe sich die Versammlungsbehörde deshalb für den Ort hinter der Brücke entschieden. Von hier sieht man das Dach nicht mehr. Außerdem sei die Situation im Protestlager nicht angemessen gewesen. Schlafsäcke und Matratzen zur Nachtruhe etwa sind nach Ansicht der Polizei nicht erlaubt und deshalb ab jetzt tabu. »Außerdem hat die Mahnwache in den letzten Tagen eine Reihe von Lärmbeschwerden hervorgerufen«, ergänzte Böttcher.

Die Demonstranten reagierten mit Unverständnis. »Dann wird ein erneuter Räumungsversuch des Hostels sicherlich nicht lange auf sich warten lassen«, schrieb ein Internet-Nutzer auf der Facebook-Seite »Gürtelstraße Infopoint«. »Für uns sieht es jetzt so aus, als würde die Räumung bevorstehen«, ergänzte die Anmelderin des Protests, Nina Recknagel. Die Demonstranten legen nun Widerspruch gegen den Auflagenbescheid ein, wie Recknagel bestätigte. »Wir nehmen uns einen Anwalt und gehen rechtlich dagegen vor.«

Währenddessen wurde in Berlin ein Ansturm von neuen Flüchtlingen auf die kirchlichen Notunterkünfte erwartet. Dieser blieb trotz der vorübergehenden Schließung der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber aber aus. Nur wenige Einzelpersonen hätten nach Übernachtungsmöglichkeiten gefragt, sagte Caritas-Sprecher Thomas Gleißner am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch nach Angaben der Diakonie sind bislang kaum neue Flüchtlinge in den wenigen Notunterkünften registriert worden.

Nach der Schließung der Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Berlin wirft der Flüchtlingsrat der zuständigen Behörde einen Verstoß gegen die geltende Rechtslage vor. Ein Rechtbruch liege bezüglich Artikel 16a des Grundgesetzes sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der EU-Asylrichtlinien vor, sagte Nora Brezger vom Flüchtlingsrat Berlin. Mit epd