nd-aktuell.de / 10.09.2014 / Kultur / Seite 12

Zum Auftakt: Snowden

Internationales Literaturfestival Berlin mit 343 Veranstaltungen

Natalya Arensberg
Zum Auftakt: Snowden

Spätsommer in Berlin, das alljährliche internationale Literaturfestival beginnt. Es ist die 14. Ausgabe und, so Festivaldirektor Ulrich Schreiber auf der Eröffnungspressekonferenz, »das größte jemals«. 343 Veranstaltungen sind vom 10. bis zum 20. September geplant, davon 167 mit fünfzehn Autorinnen und Autoren allein im Kinder- und Jugendprogramm.

Für die Erwachsenen lesen, traditionell an zahlreichen Orten berlinweit, 182 Schreibende aus fünfzig Ländern. Berühmte Namen und zahlreiche Preisträger sind dabei, darunter Pankaj Mishra, Ahmed al-Zadaawi, Junot Diaz, Jhumpa Lahiri, und viele junge, neue, hier noch unbekannte Talente, die es zu entdecken gilt. Neben den aus den Vorjahren bekannten Reihen »Literaturen der Welt« und »Reflections« konzentriert sich das ilb 2014 mit dem Projekt »Weather Stations« auf ökologische Themen, mit den »Kulturen des Vertrauens« auf Fragen des Glaubens, und mit »New Level« ein zweites Mal auf Computerspiele. Internationale Autoren wurden eingeladen, literarische Games zu entwerfen. Assaf Gavron, Wladimir Kaminer und Monika Rinke präsentierten ihre Ideen bereits im August auf der Kölner Messe Gamescon.

Gleich zwei »Pre-Events« läuteten das diesjährige ilb ein. Nach der Premierenlesung von Judith Herrmanns Romandebüt »Aller Liebe Anfang« am 4. September unterstrich das Festival in der zweiten Vor-Veranstaltung am 8. September erneut seinen dezidiert politischen Charakter. Das ilb als Initiator einer Weltweiten Lesung für Edward Snowden, an der sich Kulturinstitutionen von Südafrika bis Kolumbien, von den USA bis Neuseeland beteiligten, lud zu einer Debatte mit Snowdens Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, der britischen Autorin Priya Basil (Die Logik des Herzens) und dem kanadischen Schriftsteller Brian Brett, um daran zu erinnern, dass auch die Kunst Freiheit und Bürgerrechte verteidigen muss. In ihrem Appell fordern sie die USA auf, anzuerkennen, dass »Snowdens Enthüllungen für die Bewahrung der Demokratie im digitalen Zeitalter von essenzieller Bedeutung sind.« In einem von über zweihundert Schriftstellerinnen und Schriftstellern unterzeichneten Aufruf heißt es: »Washington muss alle Beschuldigungen und rechtlichen Schritte gegen Snowden zurücknehmen, damit er als freier Mann und in Sicherheit nach Hause zurückkehren kann.«

Bei der gut besuchten Debatte am Montagabend im Haus der Berliner Festspiele erinnerte Priya Basil daran, dass »wir als Bürger_innen die Möglichkeit haben, Einfluss zu nehmen und ›Nein‹ zu sagen«. Ohne nur auf das Negative abzielen zu wollen erinnerte sie, dass »Vorsicht im Internet geboten« sei. Brett warnte vor der »Kultur der Monopole«, in die wir geraten seien. Kaleck forderte die Zuhörer auf, das Schwarzweißdenken zu überwinden und vor allem die Politik nicht den Politikern zu überlassen. Auf die Frage, ob die Forderung nach dem Friedensnobelpreis für Snowden seinem Mandanten helfen würde, antwortete er launig, dass diese Auszeichnung durch die Vergabe an die EU, Obama und Kissinger korrumpiert sei. Besser wäre, Snowden würde weitere Bücher schreiben. Dann könne man den Literaturnobelpreis für ihn reklamieren.

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