nd-aktuell.de / 12.09.2014 / Sport / Seite 18

Neue Regeln, neues Spiel

Am Freitag startet die Deutsche Eishockey Liga - und hofft auf mehr Spektakel

Jürgen Holz
Die neutrale Zone ist kleiner, Angriffs- und Verteidigungsfläche sind größer: In der neuen Eishockeysaison könnten so mehr Tore fallen, vor allem im Über- und Unterzahlspiel.

Der Eishockeyweltverband IIHF hatte im Frühsommer zwei neue Regeln beschlossen. Die weniger gravierende ist die Modifizierung des unerlaubten Weitschusses. Beim Befreiungsschlag aus der eigenen Hälfte wird nicht mehr sofort abgepfiffen, wenn der Puck die verlängerte Torlinie überquert. Ist jetzt ein Stürmer schneller als ein gegnerischer Verteidiger auf der Höhe der Bullypunkte, geht das Spiel weiter.

Die andere, weitaus entscheidendere Veränderung ist die Vergrößerung der Angriffs- und Verteidigungsflächen um gut drei Meter. Das bedeutet konkret: Die sogenannten blauen Linien, die die neutrale Zone im Mitteldrittel der Eisfläche begrenzen, wurden um jeweils 1,53 Meter in Richtung der Mittellinie verrückt.

Trainer Jeff Tomlinson vom DEL-Rekordmeister Eisbären Berlin, der mit seinem Team erstmals seit 2010 nicht die Rolle als Titelverteidiger einnimmt, begeistern die Veränderungen: »Die Vergrößerung des Angriffsdrittels wird das Eishockey attraktiver machen, auch wenn es anfangs bei Spielern und Fans durchaus Probleme geben wird. Nach meinen ersten Eindrücken wird sich das Spiel entscheidend verändern. Es gibt mehr Raum für den Angriff und damit mehr Chancen.« Nun seien vor allem laufstarke Spieler gefragt. Aber der Coach warnt auch: »Wenn du mehr Platz hast, hast du auch mehr Zeit, was die Spieler dazu verleiten könnte, das Tempo aus dem Spiel zu nehmen. Das wäre Gift fürs Eishockey. Wir bevorzugen das Tempospiel.«

Am weitreichendsten dürften die Folgen der verschobenen blauen Linien für das Über- und Unterzahlspiel sein. Denn bei einem oder sogar mehreren Spielern weniger auf dem Eis stehen die verbleibenden Akteure der verteidigenden Mannschaft vor besonderen Herausforderungen an Laufbereitschaft. »Gleichzeitig haben die Spieler in Überzahl künftig noch mehr Optionen. Es wird sehr viel mehr Schüsse aufs gegnerische Tor geben«, prophezeit Tomlinson. »Wir trainieren unter den neuen Bedingungen schon seit Wochen im Wellblechpalast und sind dabei, unsere Spielweise der neuen Regelung anzupassen. Das funktioniert ja nicht von heute auf morgen.«

Nicht ganz so euphorisch sieht Eisbären-Angreifer und Kapitän André Rankel die neue Situation: »Meine Begeisterung hält sich in Grenzen. Natürlich haben die Stürmer künftig mehr Platz und Zeit für ihre Angriffsaktionen. Aber man wird aufpassen müssen, dass das Spiel nicht verlangsamt wird. Und in Unterzahl kommt ein ganz schöner Hammer auf die verteidigende Mannschaft zu. Es ist irgendwie eine Reise ins Ungewisse.«

Eine Reise ins Ungewisse - das gilt besonders für die letzte Saison mit dem schnellen Aus in den Pre-Playoffs so enttäuschenden Berliner Eisbären. Coach Tomlinson ist vor dem heutigen Auftaktmatch bei den Augsburger Panther gewohnt optimistisch: »Ich sehe uns als eine Spitzenmannschaft, die auf viele junge Talente setzt. Auf einen Platz will ich mich aber nicht festlegen.«