Sehnsüchte, Träume, Hoffnungen
Das »literaturfestival berlin« für junge Leser
Wer jemals zur Literaturfestivalzeit morgens um 9 Uhr den jugendlichen Trubel vor dem Haus der Berliner Festspiele erlebt hat, weiß, wie sich lebendige Poesie und Prosa anfühlen. Ein - wenn nicht sogar das - Highlight des jährlich stattfindenden »internationalen literaturfestivals berlin« (ilb) ist das Kinder- und Jugendprogramm, das junge Leser_innen an diverse Spielorte lockt oder sie in Schulen, Bibliotheken und Freizeitzentren »besucht«.
In diesem Jahr gibt es vierzehn deutsche und internationale Premieren, fünfzehn Autorinnen und Autoren sowie Illustratoren lesen bei insgesamt 167 Veranstaltungen. Erstmals wurde das Kinder- und Jugendprogramm auch mit der Rede eines Prominenten eröffnet. Der britisch-amerikanische Schriftsteller Patrick Ness (»More than this«, »Monster talks«), eine der wichtigsten internationalen Stimmen junger Literatur, sprach vor ausverkauftem Haus über die Sehnsüchte, Träume und Hoffnungen junger Menschen. »Every age I ever was« ist seine Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Literatur für die Lesenden und Schreibenden, und für die Entdeckung der Welt(en).
Wie Ness kommt auch Jon Klassen aus den USA. In seinen wunderbaren Bildergeschichten (»Das ist nicht mein Hut«, »Dunkel«) verbindet er gekonnt Philosophie und kindliche Erfahrung. Er wir am 14. September Kinder und Eltern beim Familiensonntag in der Gelben Villa bezaubern.
Der in Hamburg lebende deutsche Autor Finn-Ole Heinrich (»Frerk, du Zwerg«) ist mit dem »mirakulös-musikalischen« Lesespektakel »Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt« bereits zum vierten Mal beim ilb zu Gast. Die Veranstaltungen mit ihm sind ein würdiger Nachtrag zum Festival am 28. und 29. September.
»Was unterscheidet Literatur für Kinder von Erwachsenengeschichten«, will ich von Christoph Rieger wissen, der seit 2013 Kurator des Programms ist. »Ich sehe da nicht sehr viele Unterschiede«, antwortet er mir. »Zunächst einmal geht es ja darum, mit sprachlichen oder künstlerischen Mitteln, beispielsweise in Bilderbüchern, eine sehr gute Geschichte zu erzählen. Literatur für Erwachsene ist formal natürlich anders aufgebaut. Mit ihrer Komplexität kann nicht jedes Kinderbuch mithalten. Dennoch haben wir in diesem Jahr Bücher in unserem Programm, die sich vor der Literatur im Abendprogramm keineswegs verstecken müssen. Sie handeln von politischen Konflikten, vom Zusammenleben in Gesellschaften, vielleicht auf einem anderen Zugangslevel, aber wir versuchen, auch schwere Kost jungen Lesern zugänglich zu machen.«
Vermutlich ist es nicht einfach, der Konkurrenz der anderen Medien standzuhalten. Und doch: Atemloses Schweigen in einem großen dunklen Theatersaal, konzentriertes Zuhören, und auf der Bühne nur ein Gesicht und eine Stimme: Das belegt - mehr als krude Verkaufszahlen -, dass Kinder und Jugendliche anregende, nachdenkliche und spannende Geschichten lieben. Erzählte, aber auch die geschriebenen.
Mehr zum Programm des ilb unter www.literaturfestival.com.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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