nd-aktuell.de / 15.09.2014 / Sport / Seite 13

Strahlengeld macht nicht glücklich

Fußballverein aus Salzgitter weist Zuwendungen aus dem Schacht-Konrad-Fonds zurück

Reimar Paul
Der sogenannte Schacht-Konrad-Fonds soll durch finanzielle Zuwendungen an Vereine Sympathien für den Endlagerbau schaffen. Doch in Salzgitter lassen sich nicht alle so abspeisen.

Das Geld aus dem millionenschweren Schacht Konrad-Fonds macht offenbar nicht alle Begünstigten glücklich. Zum dritten Mal hat ein Verein aus Salzgitter nun Zuwendungen aus dem Fonds abgelehnt. Der Fußballklub Germania Bleckenstedt wies eine bereits bewilligte Förderung in Höhe von 100 000 Euro zurück, wie der Verein auf Anfrage bestätigte.

Durch den Konrad-Fonds sollen Initiativen, Verbände und Vereine aus der Umgebung von Schacht Konrad für Nachteile entschädigt werden, die durch den Bau und späteren Betrieb des Atommüllendlagers Schacht Konrad entstehen könnten. Die hauptsächlichen Nutzer des Endlagers, also die Atomwirtschaft und der Bund, wollen in den nächsten 35 Jahren insgesamt 100 Millionen Euro in den Fonds einzahlen.

Ein kleiner Teil des Geldes sollte nun an den FC Germania Bleckenstedt gehen. Der Sportverein hatte 2013 Gelder aus dem Fonds beantragt, um damit seinen Sportplatz zu sanieren. Im Frühjahr bewilligte die Stiftungsgesellschaft, die den Fonds verwaltet und über die Vergabe der Mittel entscheidet, dafür 100 000 Euro. Weil Bleckenstedt, Ortsteil von Salzgitter, ganz in der Nähe der Schachtanlage liegt, hätten viele Bewohner die Annahme des Geldes als Zustimmung zum Bau des umstrittenen Endlagers gewertet, erklärte ein Vereinsmitglied. Wegen der Proteste habe sich der Verein schließlich entschieden, kein Geld anzunehmen. Die örtliche Salzgitter Zeitung zitiert Vereinskassierer Volker Krause mit der Aussage: »Fakt ist, dass wir nicht glücklich werden, wenn wir dieses Geld annehmen.«

Zuvor hatten bereits die Kleinkunstbühne in Salzgitter-Bad und die örtliche Alevitische Gemeinde Anträge auf Förderung aus dem Fonds zurückgezogen. Die Mitglieder hätten mehrheitlich beschlossen, »dass wir aus ethischen und moralischen Gründen keine Gelder vom Konrad-Fonds annehmen dürfen«, sagte ein Gemeindemitglied der Aleviten. Der Vorstand hatte zunächst 30 000 Euro aus dem Fonds für den Einbau eines behindertengerechten Aufzugs im Gemeindehaus beantragt, 24 000 Euro wurden dann auch tatsächlich bewilligt.

Die atomkraftkritische »Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad« begrüßte die Entscheidung des Fußballvereins. Dass dessen Vorstand einen gefassten Beschluss als falsch erkenne und den Fehler revidiere, sollte als Signal auch in Berlin und Hannover gehört werden: »Fehler kann man wiedergutmachen, Anträge wie den auf Errichtung eines Endlagers kann man zurückziehen«, erklärte die Arbeitsgemeinschaft.

Sie verweist zudem darauf, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor 18 Jahren einen solchen Ausgleichsfonds vehement abgelehnt hatte. »Wenn man einen Entschädigungsfonds initiiert, würde man ja zugeben, dass man hier was ganz Schlimmes macht bei Ihnen«, sagte die damalige Bundesumweltministerin bei einem Besuch in Salzgitter.

»Nun gibt man also endlich zu, dass man unserer Region doch etwas ganz Schlimmes antut«, resümiert die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft, Ursula Schönberger. »Doch was sollen wir mit schicken Sportstätten und Mehrzweckhallen, wenn unsere Kinder an Krebs erkranken, wenn unsere Landwirte ihre Produkte nicht mehr verkaufen können und die Betriebe abwandern? Wir wollen das Blutgeld nicht.« Die Einlagerung von Atommüll in Schacht Konrad müsse nicht finanziell entschädigt, sondern verhindert werden.

Die Chancen dafür stehen derzeit gar nicht einmal so schlecht. Zwar wurden bereits alle Klagen gegen das Endlagerprojekt gerichtlich abgewiesen. Die Baukosten aber explodieren, und der beabsichtigte Betriebsbeginn verschiebt sich offenbar immer weiter nach hinten - zuletzt nannte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks das Jahr 2022. Zudem zeichnet sich ab, dass das Lager für einen großen Teil der schwach und mittelradioaktiven Abfälle gar nicht genehmigt ist.