Geheimcode »Pfiad Eana«

Reporter des Bayerischen Rundfunks wurde von der Polizei abgehört

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Landtagsgrünen in München läuten die Alarmglocken. Abermals hat sich die Polizei ins Telefon eines Journalisten geschlichen. Im September 2012 soll jemand bei der Staatsanwaltschaft München I erschienen sein und behauptet haben, dass ein hochrangiger Beamter des bayerischen Landeskriminalamtes seit Jahren Informationen aus dort geführten Verfahren verkaufe. In dem Fall sei es um Ermittlungen in der Affäre Hypo Alpe Adria - Bayern LB gegangen. Ein Datenträger mit den Verfahrensakten sei für 30 000 Euro angeboten worden und ein Journalist des Bayerischen Rundfunks (BR) habe das Geschäft wohl irgendwie eingefädelt. Nur fünf Tage später bat die Staatsanwaltschaft das Bundeskriminalamt die Telefone der drei Beschuldigten anzuzapfen.

Bei dem Journalisten handelt es sich um Oliver Bendixen, d e n Polizeireporter des BR. Der Mann ist so bekannt in der Polizeiszene, dass man in München scherzt, die Polizei würde erst Bendixen anrufen, bevor das Verbrechen geschieht. Egal was es ist, vom Handtaschenraub bis zum Flugzeugabsturz, Bendixen interessiert sich für alles. Warum also auch nicht für den Bankenskandal, der tief ins politische Bayern reicht?

Den, so sagt der Rundfunkkollege aber, habe er nie auf dem Tisch gehabt, weshalb allein der Verdacht gegen ihn absurd sei. Doch allein die Hoffnung, ein Leck im eigenen Laden schließen zu können, muss die abhörgierige Justiz wohl blind gemacht haben für die geltende Rechtslage. Und so hörte das BKA mit. Wohl immer in der Angst, dass man womöglich selbst in Schwierigkeiten kommen könnte. Denn bei der Behörde in Wiesbaden kann man bestens mit Bendixen.

Wenngleich man den Journalisten aus Bayern nicht immer versteht. Was nicht an der Tonlage, wohl aber am Dialekt liegt. Und so protokollierten die Bundeskriminalpolizisten am Ende eines vierminütigen Gesprächs zwischen dem Rundfunkmann und einem bayerischen Landeskriminalamtsbeamten den verräterischen Satz: »Pfird einer, bis bald, Servus, Ciao«.

Pfird einer? Das ist ein Code für? Na für Tschüss. Nichts weiter ist gemeint, wenn ein Bayer »Pfiad Eana« sagt und sich so verabschiedet. Bisweilen wird noch Gott zur Hilfe genommen, um dem anderen einen guten Tag und guten Weg zu wünschen.

Das Ermittlungsverfahren ist inzwischen eingestellt. Ergebnislos. Doch der Ärger beginnt erst. Denn die Justiz hat sich nicht offenbar nur in das Handy des Journalisten geschlichen, sondern man hatte auch beantragt, dessen Telefonanschluss im Bayerischen Rundfunk zu überwachen. Das räumt jetzt Justizminister Winfried Bausback (CSU) in seiner Antwort auf die Anfrage des Grünen-Abgeordneten Sepp Dürr ein. Doch da hatte das BKA offenbar doch zu kalte Füße und lehnte das Ansinnen ab.

Justizminister Bausback behauptet, dass man Bendixens Gespräche nur als »Beifang« gewonnen habe. Man hatte es lediglich auf die beiden LKA-Beamten abgesehen. Der Grünen-Abgeordnete Dürr spricht von einem klaren Eingriff in die Pressefreiheit, der von Bausback gedeckt werde. Bendixens Arbeitgeber, der Bayerische Rundfunk, findet den Vorfall »äußerst befremdlich«. Es bleibe fraglich, »wie es bei offensichtlich in diesem Fall dünner Verdachtslage und lediglich aufgrund einer Aussage vom Hören-Sagen überhaupt in Erwägung gezogen werden konnte, einen Journalisten abzuhören«.

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