Gabriel begrüßt TTIP grundsätzlich

Die Sozialdemokraten sind sich uneins über Freihandelsabkommen / DGB-Spitze unterstützt Parteiführung

  • Vincent Körner
  • Lesedauer: 4 Min.
An diesem Wochenende berät die SPD über Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada. Viele Genossen stellen sich gegen den Kurs ihrer Parteispitze.

Die SPD-Linke hat vor dem Parteikonvent der Sozialdemokraten am Samstag in Berlin mit Blick auf die umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP und CETA »klare rote Linien« gefordert, welche die Partei »als Bedingung für eine Zustimmung aufstellen« solle. Dass allein fünf Anträge zum SPD-Konvent die Verträge der EU mit Kanada und den USA betreffen, zeigt nach Ansicht der Sprecherin der Parteilinken-Organsiation DL 21, Hilde Mattheis, wie stark das Thema »große Teile der Partei bewegt«. Der Konvent mit seinen rund 300 Delegierten ist das höchste Beschlussgremium zwischen den SPD-Parteitagen.

Aus der Bremer SPD kommt die Forderung, die Verhandlungen zu TTIP auszusetzen, da die bisher vereinbarten Regelungen »die legitimen Handlungsmöglichkeiten von Staaten« einschränken und die Demokratie gefährden. Der Dortmunder SPD-Unterbezirk will erreichen, dass der Konvent die Regierung und damit den zuständigen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auffordert, »unverzüglich für eine Veröffentlichung« aller Verhandlungsunterlagen zu sorgen. Die mit den Freihandelsverträgen angestrebte »neoliberale Deregulierung unterstützen wir nicht«, heißt es weiter in dem Antrag. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen hat sich für Mindestbedingungen bei TTIP und CETA ausgesprochen. Zunächst setze man sich »dafür ein, die Verhandlungen ruhen zu lassen« und transparent neue Verhandlungsziele zu formulieren.

Teile der SPD sehen die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Kanada und den USA schon seit Wochen kritisch. Zuletzt wurde berichtet, Parteichef Gabriel werbe für Vorteile und warne vor pauschaler Ablehnung von TTIP und CETA. Damit wolle er verhindern, »dass die Partei sich vorzeitig dagegen ausspricht«, schrieb der »Spiegel« am Wochenbeginn. Die Bürgerbewegung Campact hatte kritisiert, die Bundesregierung wolle letztlich den Investorenschutz gar nicht verhindern. »Sigmar Gabriel hat sich vom Druck der Kommission zermürben lassen und kippt bei den Investor-Staats-Klagen um«, meinte Campact-Expertin Maritta Strasser.

Die Antragskommission des SPD-Konvents will die fünf vorliegenden Anträge zu TTIP und CETA an Parteivorstand sowie die Fraktionen in Bundestag und Europaparlament überweisen. Zudem sollen »Erwartungen an die transatlantischen Freihandelsgespräche« beschlossen werden. Es dürfe einen »Abbau von wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Standards« nicht geben, so die Empfehlung der Antragskommission.

Außerdem soll dem Vorschlag zufolge »die Möglichkeit zur Diskussion, Meinungsbildung und Mitsprache bestehen«. Der Parteivorstand solle »einen umfassenden Informations- und Diskussionsprozess initiieren« und so »Raum dafür geben, die Chancen von TTIP genauso zu thematisieren wie kritische Aspekte und Befürchtungen, die sich mit TTIP verbinden«.

Kritik kommt von Mattheis. Sie bedauerte die Vorschläge der Antragskommission. Gegen einen breit angelegten Diskussionsprozess sei »nichts zu sagen«. Das reiche aber nicht, so die Bundestagsabgeordnete. »In diesem Stadium, in dem die Verhandlungen zu TTIP in vollem Gange sind und jene zu CETA abgeschlossen sind und die Kritik an diesen Abkommen immer mehr wächst, braucht es für uns als Partei klare rote Linien, die wir als Bedingung für eine Zustimmung aufstellen sollten«, forderte Mattheis. Vor allem mit Blick auf CETA sei es wichtig, sich jetzt zu positionieren.

Die DGB-Spitze und Gabriels Ministerium haben sich derweil in einem gemeinsamen Positionspapier, das dem »nd« vorliegt, im Grundsatz zu TTIP bekannt. Dieses »könnte auch dazu beitragen, faire und nachhaltige Handelsregeln global voranzutreiben und Maßstäbe zu setzen«, heißt es in dem Papier. Es sollten faire Wettbewerbs- und gute Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Die Verhandlungen mit den USA müssten mit dieser Zielsetzung geführt werden.

Spiegel online zitierte den Sprecher der SPD-Linken im Bundestag, Carsten Sieling, mit den Worten, Gabriel falle »weit hinter das zurück, was wir bislang im Bund und im Europawahlkampf vertreten haben«. Sieling forderte klarere Positionen der SPD vor allem in Sachen Investitionsschutz, Transparenz und bei den sozialpolitischen und datenschutzrechtlichen Standards. Gabriel stellte daraufhin seinen Widersachern »kritische Verhandlungen« über TTIP in Aussicht.

Von den Gewerkschaften war zu vernehmen, das DGB-Ministeriums-Papier sei ein vor Monaten formulierter Text, in dem Bedingungen für eine Zustimmung zu TTIP aufgeführt seien, die auch vom DGB-Bundeskongress beschlossen wurden.

dasnd.de/SPDKonvent

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