Großer Ärger um viel Geld

Deutscher Senioren-Computer-Club bekommt eine saftige Betriebskostenerhöhung

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 4 Min.
Die wissbegierigen Rentner des Vereins müssen wohl künftig mehr Beiträge zahlen: Sonst sind die Angebote nicht zu halten.

Bei Helmut Gau war es so wie bei vielen Vereinsmitgliedern. Als er Rentner wurde, wollte er mehr mit seinem Computer anfangen, als nur darauf zu schreiben. Er suchte Hilfe und entdeckte den Deutschen Senioren-Computer-Club. Sieben Jahre ist das jetzt her. »Das war bislang eine intensive Zeit, in der ich viel gelernt habe«, sagt er.

Mittlerweile gehört der 78-Jährige zum Vorstand und ist Schatzmeister des Clubs. Seit ein paar Wochen erfüllt er außerdem die Funktion des Vorsitzenden. Denn dem eigentlichen Chef geht es momentan nicht so gut. »Weil ihn der ganze Ärger um die Zukunft unseres Vereins gesundheitlich sehr mitnimmt«, erklärt Helmut Gau. Wenn er darüber redet, weshalb sich die Mitglieder seit Anfang des Jahres große Sorgen machen, dann wird seine Stimme etwas lauter und seine Sätze bekommen einen energischen Ton. Denn er kann nicht verstehen, warum mit den Senioren aus seiner Sicht so unfair umgegangen wird.

Für Unruhe sorgt die Ankündigung vom Vermieter, dem Verbund Lichtenberger Seniorenheime, die Betriebskosten für die Räume in der Einbecker Straße von derzeit 8400 Euro pro Jahr auf 24 000 Euro jährlich zu erhöhen. Ab 1. Januar 2016 soll das gelten. »Das widerspricht dem sozialen Charakter unseres gesamten Projektes und kann von uns nicht geleistet werden«, betont Helmut Gau. Das hat er dem Vermieter schriftlich mitgeteilt. Auch die Lichtenberger Sozialstadträtin Kerstin Beurich (SPD) erhielt einen Brief. »Wir baten um Hilfe und zeigten uns ebenso kompromissbereit«, schildert der Schatzmeister die Situation. Auch beim Bezirksbürgermeister Andreas Geisel (SPD) holte er sich einen Termin.

Doch über die Ergebnisse der bisher durchgeführten Gespräche können sich die aktiven Senioren nur ärgern. »Etwas Positives kam für uns jedenfalls nicht dabei heraus«, berichtet Gau.

Für Michael Siegert, Kaufmännischer Geschäftsführer des Verbundes Lichtenberger Seniorenheime, ist die Situation eindeutig: »Wir sind ein Wirtschaftsbetrieb und müssen wenigstens die Betriebskosten für die vom Club genutzten Räume rein bekommen«, stellt er klar. Und das seien 2,20 Euro pro Quadratmeter. Außerdem betont er, zahlen die Senioren keine Miete, wie der Verein gerne öffentlich darstellt, sondern lediglich die Betriebskosten. »Wir verzichten seit Jahren großzügig auf die Miete und haben bislang die Betriebskosten sogar subventioniert«, betont der Geschäftsführer.

Sozialstadträtin Kerstin Beurich sieht das genauso. »Es ist uns nicht möglich, den Betrag zu bezuschussen, das könnten wir doch keinem anderen Lichtenberger Verein erklären«, sagt die Politikerin. Zu überlegen sei, ob der Club vielleicht einigen Räume abgibt.

Darauf wollen sich die Senioren aber nicht einlassen. Die Räume in der fünften Etage an der Einbecker Straße 85 werden nach Aussage des Schatzmeisters alle gebraucht. Zur Verfügung stehen rund 900 Quadratmeter - unter anderem Seminar- und Kursräume für Büroarbeiten, für Videogruppen sowie ein größerer Raum für Veranstaltungen. Für Kurse genutzt werden sie in kleinen, überschaubaren Gruppen, zumeist vormittags. »Weil Ältere zu dieser Zeit eben aufnahmefähiger sind«, sagt Gau. Nachmittags gebe es Beratungen oder Konsultationen. »Räumlich einschränken geht nicht, darunter würde die Qualität unserer Angebote leiden«, ist der Schatzmeister überzeugt.

Dennoch macht er deutlich, die Auflösung des Clubs stehe nicht zur Debatte. »Dann müssen wir eben gezwungenermaßen die Beiträge von derzeit monatlich fünf Euro erhöhen«, sagt er. Das könnten dann 7,50 Euro werden. Er rechnet jedoch mit einem Mitgliederschwund. Zwar gehe es vielen Rentnern gut, doch auch im Club gebe es sozial schwache Mitglieder, die sich eine Beitragserhöhung nicht leisten könnten.

Dass sich die Computerinteressierten richtig wohl in der Gemeinschaft fühlen, kann jeder sehen, der die Einrichtung besucht. Für die 80-jährige Ingeborg Jahn und die 69-jährige Eveline Schulz bedeuten die Kurse viel mehr als nur Wissensvermittlung. »Wir haben hier neue soziale Kontakte geknüpft und unternehmen gemeinsam viel«, sagen beide. »Ich brauche den Austausch mit den anderen«, fügt die 86-jährige Gisela Noack hinzu.

Die Mitgliederzahl hat sich in den zurückliegenden Jahren stets erhöht. Waren es 2005 noch 394 Senioren, gehören inzwischen 620 dazu. Etwa Zwei Drittel kommen aus Lichtenberg, viele andere aus Marzahn-Hellersdorf, Pankow und Treptow-Köpenick.

Infos unter: www.dscc-berlin.de

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