Nord-LINKE sucht nach Kurs und Profil

Parteitag in Rendsburg

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Neidisch blickt man im hohen Norden auf die LINKE in Hessen. Deren Fraktionsvorsitzende Janine Wissler war es nämlich, die in ihrer Gastrede dem schwächelnden Nordlichter-Landesverband der Partei auf deren Rendsburger Landesparteitag am Wochenende Mut zusprach. Den können die Nord-Genossen weiterhin auch bestens brauchen, machte doch der Parteitag erneut deutlich, dass ein schwacher Landesvorstand nicht zu einem starken Landesverband führt - und umgekehrt. Ob und wie dieses Hamsterrad verlassen werden kann, wird über die Zukunft des Landesverbands entscheiden. Ein gangbarer Weg in diese Richtung war auf dem Parteitag vor 85 Delegierten allerdings noch nicht erkennbar.

Wenn es nicht rund läuft, werden stets Verantwortliche gesucht. Und Landessprecher Jens Schulz gestand in seinem Rechenschaftsbericht selbstkritisch Fehler ein, verwies aber auch auf die schwierigen Rahmenbedingungen, unter denen der Vorstand zu arbeiten hatte. Ohne Landtagsfraktion, bei fehlenden finanziellen Ressourcen und der fortgesetzten Vakanz der Position der Landessprecherin bestand seine Arbeit zuletzt eher im Verwalten als Gestalten. Nicht von ungefähr wurde in der Diskussion denn auch der Ruf nach einem »politischen« statt bloß »organisatorischen« Landesvorstand laut. Gerade in den Kreisverbänden fordert man eine bessere Vernetzung und Kampagnenfähigkeit. Denn der »Landesrat«, eigentlich installiert, um inhaltliche Arbeit voranzutreiben, war zuletzt selten beschlussfähig.

Als Folge dieses Zustands ist die LINKE auf Landesebene in ihrer außerparlamentarischen Rolle kaum noch wahrnehmbar. Daher verwundert es auch nicht, dass die Plätze für Journalisten auf dem Parteitag leer blieben. Erfolge bleiben zuletzt wenigen klugen und fleißigen kommunalen Abgeordneten vorbehalten. Von einem »Wir-Gefühl« und Aufbruchstimmung ist man offensichtlich weit entfernt. Höchst bedenklich ist etwa die Eiszeit zwischen Landesvorstand und der schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten Cornelia Möhring. Neid, persönliche Ressentiments und Intrigen scheinen die Linkspartei zwischen Nord- und Ostsee weiterhin zu lähmen.

Symptomatisch für diesen Zustand: Während in der Vergangenheit vor Bundes- und Landtagswahlen die Kandidaten Schlange standen, will nun kaum jemand auf Parteiebene Verantwortung übernehmen. Erneut konnte in Rendsburg der Posten der Landessprecherin nicht besetzt werden. Auch ein Beisitzeramt blieb vakant. Und ohne Gegenkandidaten wurde Jens Schulz aus dem zerstrittenen Lübecker Kreisverband mit lediglich 69 Prozent der Stimmen als Landessprecher wiedergewählt. Er zeigte sich zufrieden damit, war ihm doch klar, dass mit einem besseren Ergebnis kaum gerechnet werden durfte.

Der neue Vorstand ist nun aufgerufen, die Partei in den nächsten zwei Jahren wieder attraktiv zu machen sowie als ernstliches politisches Angebot mit inhaltlichen Modellen in die Öffentlichkeit zu rücken. Denn 2017 wird ein neuer Landtag in Schleswig-Holstein gewählt. Und zur Halbzeit der Küstenkoalition von SPD, Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband nimmt die Unzufriedenheit in der Bevölkerung zu - wie auch der Streit im Dreierbündnis.

Leicht wird das allerdings nicht. Neben dem Unfrieden in der Partei gebricht es auch an finanziellen Mitteln: Exakt 7,8 Prozent des wenigen Geldes stehen für politische Arbeit zur Verfügung.

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