nd-aktuell.de / 27.09.2014 / / Seite 25

Käthe Niederkirchner

Kalenderblatt

Martin Stolzenau

Bis zur Befreiung durch die Rote Armee am 30. April 1945 wurden im KZ Ravensbrück über 90 000 Frauen und Mädchen ermordet. Unter ihnen Käthe Niederkirchner (Foto: Archiv). Ihren Namen trugen in der DDR rund 300 Straßen, Betriebe und Schulen. Der Schriftsteller Eberhard Panitz widmete ihr eine Erzählung. Die Nichte der Antifaschistin, in der DDR Kinderärztin, war 1990 als Vizepräsidentin der Volkskammer am Einigungs vertrag beteiligt. Sie ahnte nicht, dass bald der Namen ihrer Tante vielfach aus dem öffentlichen Raum verschwinden würde.

Am 7. Oktober 1909 in Berlin geboren, wuchs Käthe mit ihren vier Geschwistern in einer Berliner Hinterhofwohnung in materieller Not auf. Ihr Vater war Arbeiter, SPD-Mitglied und Gewerkschaftsfunktionär. Nach seiner Heimkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft nach dem Ersten Weltkrieg und mit dem Erlebnis der russischen Februar- sowie Oktoberrevolution wechselte er zur KPD. Käthe trat wie ihre Geschwister 1925 in den KJVD ein. Nach Eintritt in die KPD 1929 war sie trotz absolvierter Schneiderlehre arbeitslos. Umso mehr engagierte sie sich gegen die erstarkenden Nazis. Nicht ohne Folgen. Nach deren Machtübernahme wurden Vater und Tochter in Schutzhaft genommen, mussten aber aus Mangel an Beweisen frei gelassen werden. Mit Verweis auf die donauschwäbische Herkunft des Vaters sowie dessen ungarische Staatsbürgerschaft wurde die Familie ausgewiesen. Sie ging in die UdSSR, wo Käthe studierte und als Sprecherin bei Radio Moskau arbeitete. Ihre Familie blieb nicht von Stalins Terror verschont. Bruder Paul wurde 1939 verhaftet und in ein Arbeitslager deportiert, wo er verstarb. Trotzdem hielt Käthe Niederkirchner, die inzwischen mit dem Spanienkämpfer Heinz Wieland verheiratet war, ihrem Gastland die Treue.

Nach dem faschistischen Überfall auf die Sowjetunion meldete sie sich freiwillig zur Roten Armee und wurde für einen illegalen Einsatz in Deutschland ausgebildet. Am 7. Oktober 1943 zwischen Warschau und Oder im Schutze der Nacht mit einem Fallschirm abgesetzt, machte sie sich mit falschen Papieren zu Fuß auf zur nächsten Bahnstation. Im Zug nach Berlin geriet sie in eine Kontrolle. Es fehlte ein Zusatzvermerk in ihren Papieren. In Berlin gelang es der Gestapo unter Folter, ihre wahre Identität zu ermitteln. Anschließend wurde Käthe Niederkirchner nach Ravensbrück gebracht, wo sie in der Nacht vom 27. zum 28. September 1944 erschossen wurde.