nd-aktuell.de / 01.10.2014 / Kultur

Im Namen des Gesetzes

Urteil: Gerichte müssen der Presse die Namen von Prozessteilnehmern mitteilen

Sven Eichstädt, Leipzig
Journalisten haben Anspruch darauf, dass ihnen Gerichte die Namen von Personen nennen, die an Gerichtsverfahren beteiligt waren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch in Leipzig entschieden.

Der Aachener Anwalt Rainer Hofmann erstritt in letzter Instanz das Recht, dass Gerichte die Namen von Richtern, Staatsanwälten, Verteidigern und Schöffen nennen müssen, wenn Journalisten daran interessiert sind. »Das Persönlichkeitsrecht dieser Personen muss hinter dem grundrechtlich geschützten Auskunftsinteresse der Presse zurückstehen«, führte der Vorsitzende Richter des sechsten Senats des Bundesverwaltungsgerichts, Werner Neumann, zur Begründung an (BVerwG 6 C 35.13).

Hofmann, der sich auf Ausländerrecht spezialisiert hat, hatte 2010 durch ein Verfahren am Verwaltungsgericht Stuttgart von einem Urteil des Amtsgerichtes Nürtingen von Juli 2009 erfahren. Das Nürtinger Urteil, das wegen Urkundenfälschung ergangen war und eine Haftstrafe von sechs Monaten zur Folge hatte, wurde von den Stuttgarter Richtern in mehreren Punkten als »rechtsfehlerhaft« bezeichnet. Hofmann ist Redakteur der »Anwaltsnachrichten Ausländer- und Asylrecht« und wollte dort das Urteil kritisch besprechen, erhielt auf seine Anfrage vom Amtsgericht Nürtingen jedoch nur eine Fassung, in der alle Namen geschwärzt worden waren. Später nannte der Direktor des Amtsgerichts ihm den Namen der Berufsrichterin, lehnte weitere Angaben jedoch ab.

Hofmanns Klage von November 2010 beim Verwaltungsgericht Stuttgart blieb im April 2012 ohne Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim entschied im September 2013, dass dem Anwalt auch die Namen der Schöffen, also der ehrenamtlichen Richter zu nennen seien, nicht jedoch die Namen des Staatsanwalts, des Verteidigers und der Urkundsbeamtin.

Richter Reinhard Dold vom Oberlandesgericht Stuttgart, der in der Verhandlung in Leipzig die Justiz Baden-Württembergs vertrat, argumentierte, dass ein Staatsanwalt und ein Verteidiger keinen unmittelbaren Einfluss auf ein Strafurteil hätten. Deshalb seien ihre Namen für die Besprechung eines Urteils nicht von Bedeutung, fügte Doll an. »Unabhängig davon, dass Verteidiger und Staatsanwalt auf den gerichtlichen Verfahrensgang Einfluss nehmen können, ist es nicht Sache staatlicher Stellen, sondern Sache der Presse selbst, darüber zu bestimmen, welche Informationen unter welchen Aspekten vonnöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zweck einer möglichen Berichterstattung über Gerichtsverfahren im Recherchewege aufzubereiten«, urteilte der Vorsitzende Richter Neumann. »Der Staat hat nicht in eine journalistische Relevanzprüfung einzutreten.«

Anders entschieden die obersten deutschen Verwaltungsrichter hingegen bei der Urkundsbeamtin. »Wir Juristen sind auch Zeitungsleser, und ich kann mich nicht erinnern, dass der Name einer Urkundsbeamtin jemals in einem Bericht über eine Gerichtsverhandlung auftaucht«, erläuterte Neumann, der auch stellvertretender Pressesprecher des Bundesverwaltungsgerichts ist.

Der Ulmer Anwalt Thomas Oberhäuser, der den klagenden Anwalt Hofmann juristisch vertrat, konnte auch keinen Grund benennen, wofür der Name der Urkundsbeamtin nötig sei. »Das Persönlichkeitsrecht betroffener Personen hat keinen Nachrang gegenüber dem Auskunftsinteresse der Presse, wenn letzteres in Bezug auf diese Person im Dunkeln bleibt und so die Vermutung naheliegt, das Informationsverlangen erfolge insoweit ins Blaue hinein oder besitze jedenfalls keinen ernsthaften sachlichen Hintergrund«, begründete Richter Neumann.