CDU fürchtet den Machtverlust

Im Bundestag richten Konservative einen Appell an Thüringer SPD und Grüne

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
In der Debatte über den Bericht zur deutschen Einheit war der Umgang mit der DDR-Vergangenheit das beherrschende Thema. Wenig differenziert äußerte man sich hierzu in den Reihen der CDU.

Eigentlich sollte es in der Bundestagsdebatte am Freitag ausschließlich um den Einheitsbericht gehen. Doch der CDU-Politiker Mark Hauptmann streifte dieses Thema nur mit wenigen Sätzen. Den Weimarer trieb offenbar vielmehr die Angst um, dass seine Partei in Thüringen demnächst ihre Macht an eine rot-rot-grüne Landesregierung unter Führung der Linkspartei verlieren könnte. SPD und Grünen, die dort mit der LINKEN sondieren, warf Hauptmann vor, dass deren Verhalten ein »Schlag ins Gesicht der Bürgerrechtler und Opferverbände« in diesem Land sei. »25 Jahre nach der friedlichen Revolution verhandeln sie mit den Stasis von gestern über die Staatssekretärsposten von morgen«, empörte sich Hauptmann. »Denken Sie an die Symbolik.« Die LINKEN seien »Kinder der PDS und Enkel der SED«. »Aus dieser Verantwortung werden wir sie nicht entlassen«, verkündete der CDU-Mann.

Die sächsische Grünen-Politikerin Monika Lazar widersprach ihm umgehend. In einer Zwischenfrage wies sie darauf hin, dass es vor 25 Jahren auch mutige Personen in SED-Funktion gegeben habe. Lazar erinnerte in diesem Zusammenhang an den Aufruf von sechs prominenten Leipzigern, der zum friedlichen Ausgang der dortigen Demonstration beigetragen hatte. Unter den Autoren waren drei Sekretäre der SED-Bezirksleitung Leipzig.

Auch der LINKE-Politiker Roland Claus wies die Vorwürfe von Hauptmann zurück. »Das ist ungeheuer anmaßend«, sagte er. Die LINKE entscheide noch immer selber darüber, wie sie mit ihrer Geschichte umgehe. »Und wir wollen gar nicht aus dieser Verantwortung entlassen werden«, erklärte Claus. Aus seiner Sicht hat sich die Linkspartei seit jeher kritisch mit der eigenen Vergangenheit auseinandergesetzt. Zum Bericht der Bundesregierung sagte Claus, dass dieser immerhin eine bessere Analyse darstelle als in vergangenen Jahren, aber die richtigen Schlussfolgerungen fehlten.

Die Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, Iris Gleicke (SPD), betonte, dass der Aufbau Ost noch lange nicht abgeschlossen sei. Das legen viele Zahlen aus dem Bericht nahe. Demnach hat es im angestrebten Prozess der Angleichung zwischen Ost und West zuletzt sogar Rückschritte gegeben. Der wirtschaftliche Abstand zwischen den alten und den neuen Bundesländern wurde größer. Im Jahr 2013 lag das Bruttoinlandsprodukt des Ostens pro Kopf bei 66,6 Prozent des Westwerts. Im Vorjahr waren es noch 71 Prozent gewesen. Bei den Löhnen und Gehältern hat sich in Sachen Angleichung überhaupt nichts getan. Diese entsprechen derzeit rund 80 Prozent des Westwerts. Seit Mitte der 90er Jahre hat es hier kaum eine Veränderung gegeben. Zudem liegt die Arbeitsproduktivität Ost seit zehn Jahren stabil weit unter der westdeutschen.

Trotz dieser verheerenden Wirtschaftsdaten mühte sich Gleicke, auch positive Aspekte in der Entwicklung Ostdeutschlands zu betonen. So sei etwa in der Verkehrsinfrastruktur viel erreicht worden. Das Gleiche gelte für die Beseitigung der Umweltschäden und die Sanierung der Innenstädte.

Der CDU-Politiker Hauptmann freute sich darüber, dass die Arbeitslosigkeit nun »den niedrigsten Stand seit 1991« erreicht habe. Dass die Erwerbslosigkeit in Ostdeutschland im Unterschied zum Westen weiter sehr hoch ist, erwähnte er ebenso wenig wie den anhaltenden Bevölkerungsverlust in strukturschwächeren Regionen.

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