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Sprache und Spiel

Dieter Wien 80

  • hds
  • Lesedauer: 1 Min.

In der Politik entblößt alles Gesagte seine Ödnis, indem es fortwährend wiederholt wird. Dem Theaterschauspieler ist allabendliche Wiederholung eines Textes das Elixier der Wahrhaftigkeit. Sprache als hoher Eigenwert, der dem, was Dichter schrieben, Gewinn hinzufügt. Dieter Wien ist am Maxim Gorki über dreißig Jahre lang ein Sprachspieler, ein Spielsprecher großen Formats gewesen. Auch in zahlreichen Filmen aus Babelsberg und Adlershof (»Nackt unter Wölfen«, »Berlin um die Ecke«, »Karla«). Er gab sonore Bürgerlichkeit, aber beherrschte gleichermaßen die schmierige Verkommenheit der Zwielichtigen. Das Biedere spielte er bedrängend wie das Niedere. Wenn es Unterwürfigkeit gibt, dann existierte in seiner Gestaltungsskala auch das Oberwürfige, das anherrschend Anmaßende, die uniformierte Seele. Und herzlichen Schalk aus der Mitte der Rechthaberei konnte er verwandeln in eine verklemmte Komik des unfreiwilligen und unglücklichen Tapsbruders. Dieter Wien, geboren 1934 in Danzig, zunächst Sprecher beim Sender Leipzig, sprach mitunter auch Proklamationstexte auf Festakten, er konnte Losungen - Sprache als hoher Eigenwert - tatsächlich in Ausdruckskunst verwandeln, die sich, auf seiner Zunge, von ihren Anlässen zu verabschieden schien. Der Wohllaut, der sich prägnant laut am wohlsten fühlte.

Am kommenden Montag wird dieser populäre Schauspieler der DDR-Theater- und Kinokultur 80 Jahre alt. hds

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