Es sollte ein »Weltflughafen« werden

Ehemaliger Geschäftsführer der Flughafengesellschaft über organisatorische Mängel und Fehlentscheidungen

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Im BER-Untersuchungsausschuss machte ein Ex-Geschäftsführer vor allem die Projektsteuerer für das Desaster verantwortlich.

Um die Wirtschaftlichkeit der Berliner Flughäfen ist es aus Sicht von Thomas Weyer nicht besonders gut bestellt. Der einstige Technikchef der Flughafengesellschaft nannte am Freitag im Flughafenuntersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses das Betriebsergebnis des vergangenen Jahres von 55 Millionen Euro vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA), »erschreckend wenig«. Wenige Jahre zuvor habe die Kennziffer noch bei über 100 Millionen Euro gelegen.

Weyer war von 2004 bis 2008 in der Geschäftsführung der Berliner Flughafengesellschaft, danach wechselte er als Finanzchef zum Flughafen München. Die schlimmste Krisenzeit am BER hat er also nicht miterlebt. Als er nach Berlin kam, sei die Flughafengesellschaft eine sehr kleine Truppe gewesen, »fachlich sehr gut«, aber mit »administrativem Charakter«. Er habe mehr unternehmerischen Geist hineinbringen wollen. Das Verhältnis zum Aufsichtsrat sei gut gewesen, es habe intensive Diskussionen und eine enge Begleitung gegeben. Damals sei nicht absehbar gewesen, dass die Baukosten von rund zwei Milliarden Euro aus dem Ruder laufen.

Allerdings hatte Weyer eine andere Finanzierungsmethode vorgeschlagen, die sogenannte Projektfinanzierung. Dabei sollte das Flughafenprojekt den Banken als Sicherheit für ihre Kredite dienen, die Gesellschafter - Berlin, Brandenburg und der Bund - hätten keine Nachschusspflicht gehabt. »Die Banken hätten für mehr Projektdisziplin gesorgt«, sagte er am Rande der Sitzung. Stattdessen wurde der BER über Bürgschaften der Gesellschafter abgesichert, mit der Konsequenz, dass die Steuerzahler nun für die Mehrkosten aufkommen müssen.

Interessant, dass Weyer die Berufung Manfred Körtgens zu seinem Nachfolger als Technikchef bei der Flughafengesellschaft abgelehnt hatte, obwohl er ihn selbst als technischen Projektleiter vom Flughafen Düsseldorf nach Berlin geholt hatte. Körtgen sei ein Baufachmann, »aber von Finanzen hatte er keine Ahnung«. Zuständig für seine Bestellung sei Aufsichtsratschef Klaus Wowereit gewesen. Körtgen musste nach der geplatzten BER-Eröffnung 2012 gehen. Als politische Entscheidung wertete Weyer auch Umplanungen wie den Einbau einer doppelten Passagierbrücke für den A 380. Die Geschäftsführung sei dagegen gewesen, denn der Riesenvogel »wird auf Ewigkeit nicht nach Berlin kommen«. Aber Berlin habe einen »Weltflughafen« errichten wollen, für den nach seiner Ansicht gar kein Bedarf bestehe. Dafür sei der Anteil der Umsteiger viel zu gering. Weyer bestätigte auch, dass der Terminalentwurf geändert wurde, um mehr Platz für Läden zu haben.

Kein gutes Haar ließ Weyer an der Arbeit des Projektsteuerers vom Büro WSP/CBP. »Es war ein sehr zähes Zusammenarbeiten und die Qualität hätte ich mir schon etwas besser vorgestellt.« Warum er nicht ausgewechselt wurde, begründete der Zeuge mit dem befürchteten Zeitverlust. Denn der Terminplan war »sportlich«. Doch das Projekt sei zu seiner Zeit auf einem »guten Weg« gewesen. Allerdings hatte schon damals die Planungsgemeinschaft BBI um den Architekten Meinhard von Gerkan auf erhebliche Zeitprobleme hingewiesen. Offenbar wurde dies als übliches Ritual abgetan. »Wir waren der Meinung, dass wir das durch Beschleunigungsmaßnahmen hinkriegen.«

Weyer lobte dagegen die Arbeit des Construction Managers Drees & Sommer. Das Unternehmen habe großes Renommé und sei sehr ehrlich gewesen. Für seinen Rauswurf habe er gar kein Verständnis. Nach Weyers Ausscheiden wurde er geschasst, nachdem er auf eine Überschreitung der Fristen und eine Gefährdung der damals vorgesehenen Inbetriebnahme am 31. Oktober 2011 hingewiesen hatte.

»Seine Aussage erhärtet die These, dass die Flughafengesellschaft für einen erfolgreichen Projektverlauf organisatorisch zu schlecht aufgestellt war«, schlussfolgerten die Grünen-Abgeordneten Andreas Otto und Harald Moritz. Für Jutta Matuschek von der Linksfraktion bestätigte der Zeuge, dass ein »kritisches Bewusstsein zu den wesentlichen Funktions- und Nutzungsänderungen im Terminal nicht ausgeprägt waren«.

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