Das unbekannte Risiko der Schattenbanken

IWF-Report warnt vor neuen Ungleichgewichten auf den weltweiten Finanzmärkten

Die strengere Regulierung der Banken seit der Finanzkrise sorgt für Ausweichreaktionen. Davon profitiert die Welt der Schattenbanken.

In den Chefetagen mancher europäischer Bank wächst die Unruhe: In zehn Tagen wird die Europäische Zentralbank (EZB) die Ergebnisse ihres Stresstests bekanntgeben. Dieser soll Auskunft darüber geben, welches Geldhaus für neuerliche Krisen bisher nicht gut gerüstet ist. Der Stresstest, der quasi den Startschuss für die zentrale europäische Bankenaufsicht durch die EZB darstellt, umfasst freilich nur einen Teil der Finanzbranche - und dessen Bedeutung sinkt.

Dagegen hat die Bedeutung der Schattenbanken seit der Finanzkrise weltweit zugenommen, wie der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem »Report zur globalen Finanzmarktstabilität« berichtet. »Wir stehen vor neuen Ungleichgewichten besonderer Art«, sagte Gaston Gelos, Leiter der IWF-Abteilung Globale Finanzstabilität, bei der Vorstellung des Berichts am Dienstag in Berlin. Da es bei Banken eine »zu geringe« Risikoneigung bezüglich Krediten für die Realwirtschaft gebe, stoßen Schattenbanken in die Lücke. In den USA stehen sie mittlerweile für 50 Prozent des Kreditvolumens, in der Eurozone immerhin für 25 Prozent.

Diese Entwicklung ist paradoxerweise auf die Regulierungsbemühungen der Staaten zurückzuführen: Da Banken mittlerweile strenger überwacht werden, wandern Geschäftsteile und Aktivitäten in die Welt der Schattenbanken ab. Ein anderer Grund für ihre wachsende Bedeutung ist die Politik des billigen Geldes der großen Zentralbanken: Diese hat zu sehr hoher Liquidität geführt, die angesichts der extrem niedrigen Zinsen für klassische Bankprodukte nach anderen Anlageformen sucht. Einen dritten Grund sieht der IWF im starken Wachstum des Finanzsektors der Schwellenländer.

Ist das globale Finanzsystem seit der Krise 2008 damit sogar noch instabiler geworden? Der IWF geht davon aus, dass von den Banken mittlerweile geringere Risiken ausgehen - dank verschärfter Eigenkapitalvorschriften, der Neuregelung von Boni und besseren Risikomanagements in den Banken. Bei den Schattenbanken sieht es anders aus: »Am meisten beunruhigt uns, dass wir nicht wissen, wie hoch die Risiken wirklich sind«, erklärte IWF-Experte Gelos. »Wir brauchen mehr Informationen.«

Dabei hatte die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) als Lehre aus der Krise das Ziel ausgegeben, dass kein Finanzplatz, -produkt oder -akteur unreguliert bleiben dürfe. Bei Schattenbanken sieht der IWF sechs Jahre nach der Lehman-Pleite »großen Handlungsbedarf«. Zwar gebe es auf internationaler Ebene gute Vorschläge, aber es hapere an der Umsetzung durch die Staaten.

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