nd-aktuell.de / 16.10.2014 / Kommentare / Seite 4

Taktisch eingenullt

Velten Schäfer über Sigmar Gabriel, die SPD und eine Agenda 2020

Velten Schäfer

Es ist möglich, dass sich Sigmar Gabriel derzeit die Hände reibt. Sollte sich nämlich der nun im Unionsnachwuchs hinsichtlich 2017 laut werdende Ruf nach einer »Agenda 2020« irgendwie materialisieren, stünde die SPD mit ihrer Minimalkorrektur der Schröderagenda vergleichsweise sozial da - zumal dann wohl noch kaum allgemein fühlbar sein dürfte, was etwa ein USA-Freihandelsabkommen tatsächlich brächte.

Nur so lässt sich die Patzigkeit verstehen, mit der der SPD-Chef jetzt jene Aufwiegler einnullt, die angesichts einer sich abzeichnenden Konjunkturkrise an jüngere austeritätskritische Wahlaussagen erinnern. Was er den leise aufmuckenden Parteilinken mitteilen will, lautet: Seid ihr verrückt? Es läuft doch taktisch alles bestens!

Zu diesem Kalkül gehört freilich nicht nur eine gehörige Glaubensfestigkeit in Sachen Sparpolitik, die Gabriel binnen Jahresfrist überkommen zu haben scheint und die ihn nun abgestimmte SPD-Positionen der »Theologie« bezichtigen lässt, sondern auch eine gewisse taktische Blindheit: Es ist zwar richtig, dass Wahlen »in der Mitte gewonnen« werden, doch verabschiedet sich die SPD auf solchem Pfad endgültig von dem Anspruch, eben diese Mitte zu definieren. Als wäre es nicht so, dass sich alle 20 Jahre eine Fünf- bis Zehnprozentpartei links von ihr abspaltet.