nd-aktuell.de / 16.10.2014 / Unten links / Seite 1

UNTEN LINKS

Ein Herz und eine Seele werden Thierse und die Schwaben nicht mehr. Das ist bekannt und wäre mir keine Notiz wert, hätte ich nicht just in Baden-Württemberg eine denkwürdige Begebenheit erlebt - und zwar ausgerechnet beim Bäcker. Durch Thierses Wecken-Schelte gewarnt, wollte ich es vermeiden, beim Frühstückseinkauf als arroganter Berliner bloßgestellt zu werden, der zu stolz ist, die einheimischen Backwarenbezeichnungen zu erlernen. Gut präpariert, betrat ich den Laden, wo ich mein neu erworbenes Vokabular aber gar nicht anzuwenden brauchte: Das Schild an der Auslage pries wie zu Hause »Schrippen« an. Zwar erwies sich das so genannte Gebäck dann als Luft mit Kruste, aber gerührt war ich trotzdem ob solcher Weltoffenheit. Auch die Behauptung, der geizige Schwabe verkaufe in der Not seine Seele, erscheint nach einem Bäckerbesuch vor Ort in anderem Licht. »Seele« heißt dort nämlich ein Brötchen, das der Berliner ganz unpoetisch »Kümmelstange« nennt. mha