Bruch im Block der Separatisten

Kataloniens Regierungschef Mas steckt in der Klemme

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 3 Min.

Quim Arrufat hatte es schon vorab angekündigt: »Wenn es mit dem Referendum nicht klappt, durch Verschulden von Madrid, von Barcelona, von den Parteien, von wem auch immer, dann gibt es keine Übereinkunft für nichts mehr, dann ist der Bruch vollzogen.« Das sagte der 32-jährige Abgeordnete der linksradikalen CUP im katalanischen Parlament bei seiner Berliner Stippvisite vergangenes Wochenende gegenüber »nd«. Damals war noch unklar, was der katalanische Regierungschef Artur Mas diese Woche verkünden wurde. Nun hat Mas am Dienstag gesprochen und das Referendum für den 9. November zugunsten einer unverbindlichen Befragung abgesagt.

Der Bruch im Block der von links bis rechts reichenden katalanischen Parteien, die sich gemeinsam dem Projekt eines Unabhängigkeitsreferendums verschrieben haben, wurde am Mittwoch im katalanischen Parlament offen sichtbar. In der Sitzung, die laut Tagesordnung der Kontrolle der Regierung gewidmet war, fuhr der Chef der linksrepublikanischen ERC, Oriol Junqueras, schwere Geschütze auf: Er beschuldigte Mas, ein »neues und unabgesprochenes Szenario« aufgemacht zu haben. Diese Kritik hat deswegen Gewicht, weil die ERC die Minderheitsregierung der nationalliberalen CiU von Mas bisher in dieser Legislatur gestützt hat, obwohl sie programmatisch nicht mehr vereint als ein Punkt: die Unabhängigkeit Kataloniens. Junqueras weiter: »Die katalanische Regierung hat den Konsens gebrochen, den es bis jetzt gegeben hat.«

Joan Herrera von der linksgrünen ICV warf Mas vor, dass er den »Ersatz« des »Referendums« als Erfolg feiern wolle, und rief ihn dazu auf, Neuwahlen einzuberufen, wenn es ihm nicht gelinge, die Einheit wieder herzustellen. Quim Arrufat beschuldigte den katalanischen Regierungschef, dass er ein falsches Spiel spiele und sich in taktische Manöver flüchte. Nach der Parlamentssitzung von Mittwoch gibt es keinen Zweifel mehr: Artur Mas ist mit seiner Haltung innerhalb des Blocks der für die Unabhängigkeit eintretenden Partien CiU, ERC, ICV und CUP vollkommen isoliert.

Auch von den der Unabhängigkeit gespalten oder ablehnend gegenüberstehenden Parteien bekam Mas sein Fett weg: Der Chef der katalanischen Sektion der spanischen Sozialisten (PSC), Miquel Iceta, fragte, was mit der Befragung gewonnen sei und warum Mas sein Vorhaben, vorgezogene plebiszitäre Wahlen einzuberufen, nicht mit einem Termin unterfütterte, so wenig, wie er erklärt habe, wie es bis zu den turnusmäßig in zwei Jahren anstehenden Neuwahlen nun weitergehen solle. Positives konnte Mas’ Entscheidung nur die Chefin des katalanischen Ablegers der rechten, in Madrid regierenden Volkspartei PP, Alicia Sánchez-Camacho, abgewinnen: Sie wertete das abgesagte Referendum als Sieg der Demokratie. Mas selbst beharrte darauf, dass es keine andere Möglichkeit gebe als eine unverbindliche Befragung. Dabei ist noch nicht einmal klar, ob Madrid dieses Szenario billigt, denn nach der Verfassung kann sie ohne Zustimmung ebenso wenig legal durchgeführt werden wie ein Referendum. Mas ist mit seinem Latein offenbar am Ende.

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