nd-aktuell.de / 18.10.2014 / Wissen / Seite 26

Sonnenfinsternis im Netz

Wenn Solarzellen kurz im Mondschatten stehen, ist das eine planbare Stromlücke.

Susanne Ehlerding

Nächste Woche ist Kalifornien dran. Am 23. Oktober streicht eine partielle Sonnenfinsternis über die Westküste der USA. Eine Gefahr für die Stromnetze? Darüber muss sich drüben niemand Sorgen machen. Zwar hat kein anderer Bundesstaat der USA mehr Photovoltaik installiert als Kalifornien. Trotzdem sind es dort insgesamt nur knapp acht Gigawatt, während hierzulande auf einer etwas kleineren Fläche mittlerweile 37 Gigawatt Photovoltaikleistung am Netz sind.

Was passiert also, wenn kommendes Frühjahr eine Sonnenfinsternis über Deutschland hinwegzieht? »Die deutschen Stromnetzbetreiber fürchten sich vor dem 20. März 2015«, behauptete das Magazin »Der Spiegel« vor einigen Wochen - bezeichnenderweise ohne Quellenangabe. Bei strahlendem Sonnenschein, so die Behauptung, könnte der plötzliche Wegfall der geballten Photovoltaik-Einspeisung die Stromnetze »gefährlich instabil« machen.

»Partielle Umnachtung beim Spiegel?«, fragte daraufhin das »PV Magazin«. Und der Blog von Milkthesun, einem Online-Handelsplatz für Photovoltaikanlagen und -projekte kommentierte: »Die Lachnummer mit der Sonnenfinsternis«. »Diese Sonnenfinsternis bedeutet nur einen minimalen und kurzfristigen Rückgang der Stromerzeugung und der ist berechenbar«, sagt Manuel Gonzales, Pressesprecher von Milkthesun. »Die Netzbetreiber haben genug Zeit, Backup-Kapazitäten dafür vorzubereiten.«

Tatsächlich kennen die vier großen Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland den sogenannten Lastgang, also den Stromverbrauch über den Tag, sehr genau. Das müssen sie auch, denn die Netzfrequenz darf 50 Hertz nur geringfügig über- oder unterschreiten. Nur wenige Prozent eines Tagesverbrauchs sind aufgrund langjähriger Erfahrungen mit dem Stromverbrauch nachzuregulieren. Dafür gibt es ein ausgeklügeltes System von Primär-, Sekundär- und Tertiär-Reservekraftwerken. Erstere können innerhalb von Millisekunden anspringen.

Hinzu kommt, dass Deutschland bei der nächsten Sonnenfinsternis außerhalb des Kernschattens liegt, nur in dem diesmal sehr breiten Halbschatten. »Es kommen also noch Strahlen durch und es wird nicht komplett dunkel«, sagt Manuel Gonzales. Demgegenüber könne die Leistung von Photovolatikmodulen bei einem Unwetter mit sehr dicken, dunklen Wolken um 50 bis 80 Prozent zurückgehen. So gesehen passiert bei der Sonnenfinsternis nichts anderes als an einem Schlechtwettertag - nur mit Ansage.

Überdies findet die Sonnenfinsternis im März statt, wenn die Sonneneinstrahlung nur etwa halb so stark ist wie im Juli. Und am Vormittag erzeugen Photovoltaikanlagen sowieso nur gut die Hälfte des Stroms, den sie in der Mittagsspitze von 11 bis 13 Uhr liefern.

»Man hat wohl eher einen Grund gesucht, um gegen die Photovoltaik zu sticheln«, vermutet Manuel Gonzales. Auch zu einem Blackout ist es trotz des schnellen Ausbaus der Erneuerbaren ja nie gekommen, so gern er auch als Teufel an die Wand gemalt wurde.