Hallig sucht Leuchtfeuer

Hooge, Langeneß, Oland - Nordfrieslands Marschinseln brauchen Ganzjahresarbeitsplätze

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Welche Perspektiven haben die Halligen? Schleswig-Holsteins Regierung sieht die besten Chancen im Tourismus: Höhere Qualität ist das Ziel. Künftig will man gemeinsam agieren.

Langeneß/Hooge. Für die Halligen sieht Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer ganz überwiegend im Tourismus gute Zukunftschancen. Dies machte der SPD-Politiker in dieser Woche bei einem Besuch von Hooge, Langeneß und Oland deutlich. Natur und Gesundheit seien dabei wichtige Schwerpunkte, sagte Meyer dpa. Quantitativ seien die Möglichkeiten im Tourismus auf Hooge in der Hauptsaison schon zu 80 bis 90 Prozent ausgeschöpft, erklärte Bürgermeister Matthias Piepgras (SPD). Es müsse nun zunehmend darum gehen, die Qualität zu erhöhen. Auf Hooge gibt es noch kein Vier-Sterne-Hotel, auf der benachbarten Hallig Langeneß schon.

Um die Halligen besser zu vermarkten, ist die Bildung einer gemeinsamen Tourismusorganisation mit der Insel Pellworm im Gespräch. Die Halligen hätten erkannt, dass sie auf den demografischen Wandel reagieren müssen und gemeinsam agieren sollten, sagte Meyer. »Sie haben verstanden, dass es allein nicht geht.«

Auflandungen der Nordsee

Im nordfriesischen Wattenmeer gibt es heute noch zehn Halligen: Hooge, Langeness, Oland, Gröde, Hamburger Hallig, Nordstrandischmoor, Habel, Südfall, Süderoog und Norderoog. Die meisten von ihnen entstanden im Laufe der letzten Jahrhunderte durch Aufschwemmung und Auflandungen der Nordsee, bei denen sie langsam in die Höhe wuchsen. Aufgrund der Lage dienen die Halligen als Wellenbrecher und sind somit für den Küstenschutz unabdingbar. Sie bieten außerdem vielen Zug- und Brutvögeln Nahrung und ungestörte Rastplätze. Die größeren von ihnen sind durch Sommerdeiche geschützt, die nicht eingedeichten Halligen werden bei Sturmfluten ganz oder teilweise überschwemmt. Die Wohn- und Wirtschaftsgebäude der sieben bewohnten Halligen sind zu ihrem Schutz auf sogenannten Warften gebaut, künstlich aufgeworfenen Siedlungshügeln. nd

Zwei Tage lang schaute Meyer sich in der Halligwelt um, besuchte touristische Attraktionen, sprach mit Kommunalpolitikern und Umweltschützern. Hooge und Langeneß haben jeweils etwa 100 Einwohner, auf Hooge lernen derzeit noch vier Schulkinder, auf der Nachbar-Hallig 20. Hooge zählt jährlich etwa 90 000 Tagesgäste und 45 000 Übernachtungen; Langeneß 21 000 Tagesbesucher und 20 000 Übernachtungen.

Besonders wichtig sei es, neue Ganzjahresarbeitsplätze zu schaffen, sagte Bürgermeister Piepgras. Ideen dafür möchte er mit Kammern, Wissenschaft und Unternehmen entwickeln. Auf Langeneß kann sich Bürgermeisterin Heike Hinrichsen (Wählergemeinschaft A) neue Beschäftigungsmöglichkeiten in der Pflege und in einem geplanten »Nahversorgungszentrum« vorstellen. Hooge hat einen Kaufmannsladen, Langeneß will auf der Warft Treuberg wieder einen einrichten, ein Haus mit vier Wohnungen bauen und dort auch kleine Kinder betreuen.

Es sei eine sehr große Herausforderung, das Leben auf den Halligen zu erhalten, sagte Hooges Bürgermeister Piepgras. »Wenn das Land bewohnte Halligen haben will, wird es auch stets besondere Hilfe leisten müssten«, sagte Minister Meyer. Tourismusförderung sei ein Beispiel, das Festhalten an einer Schule mit vier Schülern wie auf Hooge ein anderes.

Auf der nahen Insel Pellworm sieht Minister Meyer außer im Tourismus besonders bei erneuerbaren Energien gute Perspektiven. Auf Pellworm wird bereits dreimal mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, als die rund 1000 Inselbewohner selbst verbrauchen. Seit September vergangenen Jahres arbeitet dort ein rund zehn Millionen Euro teures Hybridkraftwerk.

Um die Energiewende auch wirtschaftlich zu einer Erfolgsgeschichte zu machen, dürfe das Land nicht allein auf den reinen Netzausbau und den damit verbundenen Abtransport von regenerativ erzeugtem Strom setzen, sagte Meyer. »Wir brauchen zweifellos den Netzausbau, wir brauchen vor allem aber auch Innovationen im Bereich der Energiewirtschaft - und da ist das Projekt ›Smart Region‹ auf Pellworm gleichermaßen Vorreiter und Musterbeispiel.« Das Pellwormer Hybridkraftwerk speichert Sonnen- und Windstrom, um ihn an sonnen- oder windarmen Tagen wieder abzugeben. Das Projekt sei Vorbild für die gesamte Nordseeküste und das ganze Land. dpa/nd

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