nd-aktuell.de / 21.10.2014 / Politik / Seite 8

Andrej Babis ohne Berührungsängste

Die bei den Kommunalwahlen siegreiche bürgerliche Bewegung ANO will in tschechischen Kommunen mit Kommunisten zusammenarbeiten

Jindra Kolar, Prag
In einigen großen Städten Tschechiens will die bürgerliche Bewegung ANO2011 des Milliardärs Babis Gemeinderäte mit den Kommunisten bilden. Die Sozialdemokraten reagieren verschnupft.

Die Bewegung ANO des Milliardärs Andrej Babis schaffte am Wochenende erstmals den Einzug in den tschechischen Senat und kam auf Anhieb auf vier Sitze. Sie verändert die Parteienlandschaft allerdings auch auf andere Weise. Nach den Kommunalwahlen finden sich in den Gemeinden die neuen Räte zusammen. Vielfach haben die Kandidaten der Kommunistischen Partei überzeugen können und sind siegreich aus dem Urnengang vor gut einer Woche hervorgegangen. Da war ANO landesweit gerechnet sogar stärkste Kraft geworden. Und Babis befürwortet Koalitionen mit der KSCM, schließlich gehe es nicht um Ideologien, sondern um neue Bürgersteige.

Es war das erste Mal in der Geschichte der Tschechischen Republik, dass ein Spitzenvertreter einer bürgerlichen Partei die ansonsten noch immer verfemten Kommunisten im Lande derart aufwertete. Doch Andrej Babis ist Pragmatiker und hat gesehen, dass die Vertreter der KSCM auf kommunaler Ebene Kompetenz zeigen und bürgernah regieren können. Gerade in den nordböhmischen und nordmährischen Industriezentren verfügen die Kommunisten über starke Stimmenanteile und sind entsprechend in den Gemeinderäten vertreten.

Mindestens in drei der neun größten Städte Tschechiens, im zentralen Kladno, dem nordböhmischen Chomutov und im mährischen Havirov, werden Koalitionen aus KSCM und ANO2011 regieren. In anderen Gemeinden finden noch Verhandlungen statt. Weitere derartige Bündnisse scheinen möglich.

In etlichen der nun von der Koalition aus ANO und den Kommunisten regierten Gemeinden wurden die Sozialdemokraten in die Opposition versetzt. So auch in der 80 000 Einwohner zählenden Stadt Havirov. Acht Jahre regierte die CSSD, der scheidende Bürgermeister Zdenek Osmanczyk erklärte etwas säuerlich, die in der Stadt agierenden Kommunisten seien »gar keine Linken«. »Die Kommunisten betrügen die Wähler«, so der beleidigte Osmaczyk wörtlich. Neuer Bürgermeister der Stadt wird voraussichtlich der KSCM-Ortsvorsitzende Daniel Pawlas.

Im bürgerlichen Lager von ODS und TOP09 hält man sich zurück. Es wäre aber nicht verwunderlich, wenn in den kommenden Tagen die alten Geschichten um die informelle Zusammenarbeit von Babis mit der tschechoslowakischen Staatssicherheit hervorgekehrt werden. Den Chef von ANO2011 lässt die Kritik ungerührt. »Wir kooperieren mit Leuten, die eine gute und nützliche Arbeit abliefern. Wenn es Kommunisten sind, dann arbeiten wir eben auch mit Kommunisten zusammen«, so Babis pragmatisch. Und Josef Belica, ANO-Spitzenkandidat in Havirov, erklärte: »Die Kommunisten waren eben schneller als die CSSD. Während die Sozialdemokraten noch nachdachten, wen sie ins Stadtparlament entsenden wollen, machten die Kommunisten bereits Vorschläge zur Zusammenarbeit. Sie sind eine legale, wählbare Partei, es gibt keinen Grund, sie von der Politik auszuschließen.«