nd-aktuell.de / 21.10.2014 / Kommentare / Seite 11

Berlin, du Schmonzette

MEINE SICHT

Marlene Göring

Seit gestern geht Berlin um die Welt. In 30 Sekunden, auf CNN und zu sehen unter anderem in Europa und Afrika, in Nordamerika und in Asien. Die Tourismusagentur visitBerlin und die Kampagne »beBerlin« haben in einem Imagefilm das zusammengestellt und auf dem internationalen Nachrichtensender geschaltet, was die Hauptstadt ausmacht. Und es is’ auch allet drin: Menschen, die über Mauern klettern, Trabis und die Hochhäuser am Potsdamer Platz, Mauerspechte und Checkpoint Charlie, Fernsehturm, Oberbaumbrücke, ganz viel Graffiti. Unterlegt, natürlich, mit Techno, dem wichtigsten Exportschlager Deutschlands gleich nach dem Oktoberfest. Damit die Touristen auch genau wissen, wieso sie eigentlich nach Berlin kommen sollen, möglichst jetzt, zum 25. Jubiläum des Mauerfalls.

Der Clip ist also eine riesige Schmonzette. So sehen PR-Profis diese Stadt. Die Erfolgsstory Mauerfall bedient sich freimütig selbst noch an den Insignien der DDR. Zum Beispiel in Form von Ampelmännchen, die aktuelle Debatten und alte Wunden der Stadt weglächeln lassen. Alles verschmilzt in einem einzigen Kult-Eintopf, in dem alles Platz hat und alles reinkommt, was cool ist. Mit Vorliebe die Dinge, für die die Stadt sonst nichts übrig hat: Straßenkunst, Musik, Graswurzelbewegungen - wie auch die Demokraten der DDR mal eine waren. Die Menschen machen Berlin, und die brauchen kein Image. Ein Bild, wie es in Berlin ohne all die »Kreativen« überall aussehen würde, zeigt die letzte Szene: Der Potsdamer Platz von oben, nach Büroschluss, menschenleer.