Der Student im Denkererker

Wasser auf den heißen Stein: In Adlershof entstanden knapp 400 Studentenwohnungen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Die ersten Zimmer im neuen Studentendorf Adlershof sind bezogen. Am Dienstag wurde es in Anwesenheit des Noch-Stadtentwicklungssenators Michael Müller (SPD) feierlich eröffnet.

Insgesamt 386 Wohnplätze für Studierende sind auf dem Areal in unmittelbarer Nachbarschaft zum Campus der Humboldt-Universität (HU) entstanden. 390 Euro ist der Inklusivpreis für die 15 Quadratmeter großen, komplett möblierten Räume, die jeweils auch über ein eigenes Bad verfügen. Für einen angenehmen Raumeindruck sorgen die bis zu 2,85 Meter hohen Decken. Zu dem Komplex gehören auch eine Kita und ein Fitnessstudio. «Es haben sich trotz der langen Anfahrt sogar Studierende der Freien Universität aus Zehlendorf beworben. Anscheinend ist die Situation so in der Stadt», sagt Geschäftsführer Jens-Uwe Köhler.

Das ganze Projekt ist auf dem Mist des bereits bestehenden Studentendorfes Schlachtensee gewachsen, das der Senat Anfang der 2000er Jahre fast vollständig abreißen wollte. «Als wir 2003 das Dorf in unsere Genossenschaft überführen wollten, wurden wir für verrückt gehalten. Und auch als wir unsere Fühler nach Adlershof ausstreckten, hielt man uns immer noch für seltsam», erinnert sich Köhler. Letztlich waren auch in Adlershof die Räume in kürzester Zeit vermietet, über 100 Bewerber stehen schon auf der Warteliste.

Die zehn drei- und viergeschossigen Häuser mit ihren dreieckigen, holzverkleideten sogenannten Denkererkern sind tatsächlich recht ansehnlich geworden. Eine hochwertige Ausstattung zu günstigen Mieten war das Ziel. «Es gab in der Planungsphase durchaus Diskussionen, ob man im Sinne einer Baukostenreduzierung von den Einzelbädern abrücken sollte, berichtet Architektin Claudia Sieper. Letztlich habe man sich für die Bäder entschieden, um trotz aller Gemeinschaft genug Intimsphäre zu gewährleisten. Für den Gemeinschaftsaspekt stehen die mit 100 Quadratmetern Größe sehr großzügigen Wohnküchen, die sich die 10 bis 13 Bewohner je Etage teilen. Da wird schon fast zwangsläufig die eine oder andere Party stattfinden, nennenswertes Nachtleben gibt es schließlich im weiten Umkreis nicht.

Für zwei Häuser gab es ein zinsloses Darlehen der Investitionsbank Berlin, so dass dort die Zimmermiete um 30 Euro reduziert werden konnte. Jens-Uwe Köhler glaubt nicht, dass man sich mit den Preisen verstecken müsste. »Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften gehen bei einem Eigenbau von Studierendenunterkünften von 360 bis 440 Euro Endpreis pro Wohnplatz aus«, sagt er. So lange also nicht erhebliche Subventionen von der öffentlichen Hand kommen, wird man bei Neubauten kaum unter diese Preise kommen. Bei einer Bauzeit von nur 13 Monaten blieb man sowohl im Zeit- als auch im Kostenrahmen. Darauf ist Geschäftsführer Köhler sehr stolz. Und auch Bausenator Michael Müller (SPD) hebt diesen Aspekt besonders hervor.

In der Anfangszeit gab es wegen falsch angeschlossener Leitungen Probleme mit der Warmwasserversorgung, die aber behoben werden konnten. »Den Studierenden ist allerdings der funktionierende Internetanschluss fast wichtiger«, sagt Köhler. Michael Müller bekennt sich zu dem noch von Klaus Wowereit ausgerufenen Ziel, 5000 neue Wohnheimplätze für Studierende zu errichten. »Die jungen Leute, die hierherkommen, wollen wir auch haben, deswegen müssen wir ihnen ein Wohnungsangebot machen«, sagt er. Nachdem man endlich vom Höchstpreisverfahren bei den städtischen Liegenschaften weggekommen sei, müsse in Zukunft über Erbpachtlösungen nachgedacht werden. HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz fordert, die jährlich rund 60 bis 80 Millionen Euro, die in Berlin durch die BAföG-Reform frei werden, den Universitäten für Investitionen zur Verfügung zu stellen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal