Furchtlos

Der nach dem verstorbenen russischen Dissidenten und Physiker Andrej Sacharow benannte und mit 50 000 Euro dotierte Preis des Europaparlaments wird seit 1988 an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich auf vorbildliche Weise für Menschenrechte und Demokratie einsetzen. In diesem Jahr entschieden sich der Präsident des einzig direkt gewählten EU-Gremiums und die Vorsitzenden der Fraktionen für Denis Mukwege. Damit werde sein unermüdlicher Kampf für den Schutz der Frauen gewürdigt, so Parlamentschef Martin Schulz. Es ist eine gute Wahl.

In seiner von Bürgerkriegen geplagten Heimat hat der in Burundi und in Frankreich ausgebildete kongolesische Gynäkologe schon Tausenden Vergewaltigungsopfern geholfen. 1989 gründete er in seinem Geburtsort Bukavu, in der Provinz Süd-Kivu der Demokratischen Republik, das Panzi-Krankenhaus. Bis zu zehn Operationen führt der 59-Jährige dort in seinem oft 18-stündigen Arbeitstag durch, und meist geht es um grauenvolle Unterleibsverletzungen, zugefügt mit Gewehrläufen, Bajonetten, abgebrochenen Flaschen. Tag für Tag bedeutet das auch, neben den entsetzlichen Verletzungen die psychischen Wunden der gequälten Mädchen und Frauen zu heilen.

Der Arzt bemüht sich zugleich um die soziale Unterstützung der traumatisierten Opfer, um sie wieder in eine Gesellschaft zu integrieren, in der sie auch noch moralisch an den Pranger gestellt werden. Mukwege, inzwischen ein weltweit gerühmter Spezialist für die Wiederherstellung weiblicher Geschlechtsorgane, bildet Frauenärzte aus, um sie mit seinen speziellen Methoden vertraut zu machen. Und er setzt sich politisch für ein Ende der Straflosigkeit bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Dieses Engagement hat ihm international viel Anerkennung unter anderem in Form des Alternativen Nobelpreises und des UN-Menschenrechtspreises gebracht - aber auch fast das Leben gekostet, als vor zwei Jahren bei einem Angriff auf sein Haus auf ihn geschossen und ein langjähriger Mitarbeiter ermordet wurde.