Sensible Aufpasser

Leverkusen schlägt St. Petersburg 2:0 und sieht gute Chancen aufs Achtelfinale in der Champions League

  • Andreas Morbach, Leverkusen
  • Lesedauer: 3 Min.
Bayer Leverkusen nutzt nach einer turbulenten Woche die Champions League, um wieder Ruhe in den Laden zu bekommen. Dank zwei Verteidigern und einem 20-Jährigen, der mehr sagt, als er muss.

Die Mixtur aus Sturm und - selbstauferlegtem - Zwang zu einem optimierten Defensivspiel war den Spielern von Bayer Leverkusenern in der Champions League deutlich besser gelungen als sonst. Anlass genug für Roger Schmidt, die kontrollierte Offensive auch nach dem 2:0 über den gestürzten Gruppenersten aus St. Petersburg fortzusetzen. Als ein »sehr intensives, sehr schwieriges, sehr kampfbetontes Spiel« ordnete der Trainer der Werkself die Partie gegen das Team des früheren Chelsea-Coaches André Villas-Boas ein. Doch am Ende hatte Bayer die Spitzenposition vor Monaco und Zenit erklommen - und Schmidt teilte der Konkurrenz selbstbewusst und höflich zugleich mit: »Es ist die erwartet enge Gruppe. Aber wir können ohne Überheblichkeit sagen, dass unsere Chancen, nach Weihnachten noch in der Champions League zu spielen, sehr groß sind.«

Schmidts offenes Liebäugeln mit dem Achtelfinale speiste sich vor allem aus der Erkenntnis, ein durchaus lernfähiges Team zu betreuen. Der auf haarsträubende Art verschleuderte Sieg beim 3:3 in Stuttgart hatte die Angriffsvirtuosen vom Rhein doch sehr nachdenklich gemacht. »So ein Spiel sensibilisiert einen, noch besser aufzupassen«, erwähnte Schmidt nach dem überzeugenden Sieg über Zenit, obwohl die Russen Bayer gezielt seiner schärfsten Waffe, dem Spiel gegen den Ball, beraubt hatten.

In großer Konsequenz droschen die St. Petersburger die Kugel weit über die Köpfe der wieselflinken Leverkusener Angreifer hinweg in die gegnerische Hälfte - mit dem beliebten frühen Attackieren ihrer Widersacher war für die Rheinländer deshalb diesmal Pustekuchen. »St. Petersburg hat quasi komplett auf den Spielaufbau verzichtet«, murrte Schmidt, erklärte mit dem Trotz des Radikaldenkers aber auch: »Wir haben dennoch in Facetten versucht, unser Spiel gegen den Ball auf den Platz zu bringen.«

Es passte zum erwarteten Charakter des Spiels, dass mit Giulio Donati und - 145 Sekunden nach seiner Einwechslung - Kyriakos Papadopoulos zwei Verteidiger für die Treffer sorgten. Beim 1:0 in der 58. Minute profitierte Leverkusen davon, dass der niederländische Schiedsrichter trotz eines Fouls an Zenits brasilianischem Kraftprotz Hulk weiterspielen ließ - so dass Hakan Calhanoglu, wie fünf Minuten später auch beim 2:0, den entscheidenden Pass spielen durfte.

Nach dem »sehr speziellen Spiel in Stuttgart« (Schmidt) war Calhanoglu noch mit einem sehr speziellen Interview im »Aktuellen Sportstudio« aufgefallen, in dem er außergewöhnlich offen über eine Pistolenaffäre beim türkischen Nationalteam und seinen nicht eben freundschaftlichen Abschied vom Hamburger SV sprach. »Er hat gesagt, was er sagen konnte - und vielleicht auch mehr als nötig gewesen wäre«, brachte Schmidt leise Kritik an den forschen Ausführungen des 20-Jährigen an.

Uneingeschränkt einverstanden war der Trainer drei Tage vor dem Besuch des FC Schalke dagegen mit Calhanoglus Aufführung gegen St. Petersburg: »Er hat gut für die Mannschaft gearbeitet.« Gerade nach den wüsten vergangenen Tagen in Leverkusen, in die auch ein Urteil über die 18,5 Millionen Euro (inklusive Zinsen) fiel, die der Klub den Gläubigern des insolventen Ex-Sponsors TelDaFax zurückzahlen muss, war dessen Leistung ein weiterer wohltuender Aspekt.

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