Berlin. Politiker der Linkspartei haben sich nach dem Votum des Grünen-Vorstandes in Thüringen optimistisch über das Modell Rot-Rot-Grün geäußert. »Der Zug zum Regierungswechsel nimmt Fahrt auf«, wurde die Landesvorsitzende der Thüringer Linken, Susanne Hennig-Wellsow, am Donnerstagabend zitiert. »Wieder eine wichtige Etappe genommen. Danke für das Vertrauen«, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Bodo Ramelow. Im Inforadio sagte er, »die Einstimmigkeit ist wieder ein sehr großer Vertrauensbeweis. Auch die SPD hatte ja schon einstimmig entschieden. Damit hatte ich nicht gerechnet.«
Bundeschef Bernd Riexinger sagte der [1]»Saarbrücker Zeitung«, wenn es in Thüringen gelinge, »die inhaltlichen Übereinstimmungen zwischen den drei Parteien umzusetzen – höhere Tarifbindung für Beschäftigte, mehr Lehrer, stärkerer Sozialstaat –, dann könnte das Beispiel weiter Schule machen«. Für seine Partei wäre »ein eigener Ministerpräsident natürlich auch ein Beitrag zur politischen Etablierung in der Bundesrepublik«, so der Linkenpolitiker.
Was plant Rot-Rot-Grün in Thüringen?
In allen Politikfeldern wurden grundsätzliche Vereinbarungen erzielt und bereits mit einer Reihe von konkreten Maßnahmen untersetzt. Zusammengenommen bilden die Ergebnisse der Sondierung eine gute Basis für den Einstieg in Koalitionsverhandlungen zwischen den drei Parteien. Der Politikwechsel für mehr soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und mehr Lebensqualität in Stadt und Land rückt in greifbare Nähe. Die folgende Zusammenfassung[2] gibt einen Überblick über die Ergebnisse.
Nach Einschätzung von Riexinger könnte es auch in Sachsen-Anhalt nach der nächsten Wahl einen Ministerpräsidenten aus seiner Partei geben. »Dort kann es richtig spannend werden. Die Linke ist dort wie in Thüringen auch schon seit geraumer Zeit stärker als die SPD«, sagte Riexinger[3] der »Saarbrücker Zeitung«. Dann könne »es gut sein, dass wir in Magdeburg eine rot-rote oder rot-rot-grüne Option bekommen«, sagte Riexinger. Die nächste Wahl[4] in Sachsen-Anhalt findet im Jahr 2016 statt. Bei den Wahlen 2011 hatte die Linkspartei 23,7 Prozent erreicht, die SPD lag mit 21,5 Prozent knapp dahinter. Die Grünen hatten 7,1 Prozent bekommen.
Am Donnerstagabend war für die erste rot-rot-grüne Regierung in der Bundesrepublik eine weitere Hürde genommen worden - nach der Linken und der SPD hatte auch der Vorstand der Thüringer Grünen für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen votiert. Die Entscheidung sei wie bei den beiden anderen Parteien einstimmig gefallen, sagte Grünen-Landessprecher Dieter Lauinger in Erfurt. Es gehe nun darum, »einen Politikwechsel zu wagen«. Seit 2009 regiert in Thüringen eine schwarz-rote Koalition.
Allerdings habe es im Vorstand sowie in den Kreisverbänden der Grünen auch Vorbehalte gegen ein Zusammengehen mit der Linken gegeben. Diese will erstmal einen Ministerpräsidenten ins Amt bringen. Es habe zwei Parteiaustritte, aber auch mehrere Eintritte bei den Grünen gegeben, sagte Lauinger. Nach einem positiven Mitgliedervotum der SPD könnten nach seinen Angaben Koalitionsverhandlungen am 5. November beginnen. Mit der Ministerpräsidentenwahl rechnet der Landessprecher der Grünen nicht vor Dezember. Wie die Linke wollen auch die Grünen einen Koalitionsvertrag von ihren Mitgliedern absegnen lassen.
Nach Angaben von Lauinger gab es bei den Grünen Anerkennung für die Ergebnisse der wochenlangen Sondierungsverhandlungen für Rot-Rot-Grün nach der Landtagswahl im September. Die drei Parteien haben sich auf gemeinsame Projekte wie ein kostenfreies Kita-Jahr, die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre oder mehr Standorte für Windräder verständigt. Lauinger machte deutlich, dass die Grünen als kleinster Partner für sich mehr als nur das Umweltministerium beanspruchen. »Es ist nicht vorstellbar, dass es nur einen Grünen am Kabinettstisch gibt.« Spekulationen, in Thüringen könnte es doch noch zu Schwarz-Rot-Grün kommen, erteilte er eine Absage. »Der Zug ist abgefahren.«
Laut dem Politbarometer[5] der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF, sehen bundesweit 29 Prozent der Befragten einen Ministerpräsidenten der Linkspartei in Thüringen positiv; 40 Prozent halten das für eine schlechte Variante, 28 Prozent ist es egal. In den neuen Bundesländern sagt allerdings eine Mehrheit von 46 Prozent, sie fände einen linken Ministerpräsidenten gut - nur 25 Prozent meinen, das sei schlecht, 26 Prozent ist das egal. nd/mit dpa
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/950241.riexinger-rot-rot-gruen-richtige-antwort-auf-afd.html