Zwei alte Neue für Werder

Der ehemalige Bremer U23-Trainer Viktor Skripnik beerbt den erfolglosen Robin Dutt beim Bundesligisten

  • Nils Bastek, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Sonntag leitete Viktor Skripnik seine erste Trainingseinheit, am Dienstag wartet auf den neuen Werder-Coach schon die erste wichtige Prüfung im DFB-Pokal gegen den Chemnitzer FC.

Torsten Frings schleppte gerade die Trainingsleibchen, als der neue Chef das erste und fast einzige Mal deutlich wurde. Extrem ruhig und mit ausdrucksloser Miene verfolgte Viktor Skripnik seine erste Profi-Einheit mit Werder Bremen - nur zu Beginn und zum Schluss gab es klare Ansagen. Ansonsten registrierte Manager Thomas Eichin am Spielfeldrand, wie sein Neuer den Trainingskick die meiste Zeit mit Händen in den Hüften beobachtete. Die bedrohliche Lage, in der sich der Tabellenletzte der Fußball-Bundesliga nach dem schlechtesten Start der Vereinshistorie befindet, schien den Ukrainer zumindest äußerlich nicht zu berühren.

Sogar die über 500 Fans, die die erste Einheit der Werder-Urgesteine hinter dem Absperrzaun verfolgten, ließen sich nicht von der schwersten sportlichen Krise seit 35 Jahren beirren. Mannschaft und Trainerteam wurden vor und nach der Einheit mit Applaus bedacht. Viel Eingewöhnungszeit bleibt den Hoffnungsträgern nicht. Schon am Dienstag steht das DFB-Pokalspiel beim Chemnitzer FC an, bereits am Montag macht sich der Traditionsklub auf den Weg nach Sachsen. »Ich bin sicher, dass wir diese Aufgabe meistern werden. Wir kennen jeden einzelnen Spieler«, sagte Skripnik.

Erst am Samstag hatte der Ex-Profi, der zuvor Werders U23 betreut hatte, von seiner Berufung erfahren. Der Familienvater und sein bisheriger Hospitant Frings sind eine gewagte - und günstige Lösung für die klammen Hanseaten. »Das hat nichts mit finanziellen Gründen zu tun. Wir hatten mehrere Kandidaten im Kopf, aber Viktor war ganz klar die Nummer eins«, behauptete Manager Thomas Eichin.

Auch der neue Aufsichtsratschef Marco Bode, der sich ebenfalls für den unerfahrenen Skripnik ausgesprochen hatte, ist von seinem ehemaligen Mannschaftskameraden überzeugt: »Er bringt alles mit, und wir haben keine Zweifel, dass er die Aufgabe meistern wird.«

Nach dem Aufstieg von Josef Zinnbauer beim HSV ist Skripnik in dieser Saison bereits der zweite Amateurtrainer, dem der Sprung in den Profibereich zugetraut wird. Thomas Schaaf machte 1999 vor, wie es gehen kann. Auch der ehemalige Bremer Erfolgscoach wurde in der sportlichen Krise aus der zweiten Mannschaft berufen, verhinderte den Bundesligaabstieg und leitete eine erfolgreiche Ära an der Weser ein.

Die Ära Robin Dutt fand dagegen am Samstagnachmittag nach weniger als eineinhalb Jahren ihr Ende. Der schlechteste Saisonstart in Werders Geschichte und die schwache Trainerbilanz des 49-Jährigen hatten die Klubführung des Tabellenletzten in Alarmstimmung versetzt. Seit seinem Amtsantritt im Sommer 2013 holte Dutt in 43 Erstligapartien als Bremer Coach im Schnitt lediglich einen Punkt pro Spiel. Damit ist er, was die durchschnittliche Ausbeute angeht, gemeinsam mit dem Niederländer Aad de Mos der schlechteste Trainer in der Bundesligahistorie des norddeutschen Klubs.

Die bittere 0:1-Heimpleite gegen den 1. FC Köln am Freitagabend besiegelte das Aus. »Das ist kein schöner Tag. Eigentlich wünscht man sich Kontinuität in der Führung«, erklärte Bode am Samstagabend im »aktuellen Sportstudio« des ZDF. Noch nie startete der viermalige Deutsche Meister mit neun sieglosen Spielen in eine Erstligasaison.

Auf Skripnik und Frings wartet nun viel Arbeit. Der Tabellenletzte hat bereits 23 Gegentore kassiert - auch das ist nach neun Spielen ein Negativrekord in der Bremer Historie. Ein Weiterkommen am Dienstag in Chemnitz ist Pflicht. Für den wirtschaftlich angeschlagenen Verein zählt jede noch so kleine Einnahme. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal