nd-aktuell.de / 05.11.2014 / Ratgeber / Seite 27

Verbraucher sollten schnell Ansprüche prüfen

Fragen & Antworten zum Urteil des Bundesgerichtshofs zu Kreditbearbeitungsgebühren der Banken

Bearbeitungsgebühren für Kredite, die ab 2004 aufgenommen wurden, können Bankkunden noch bis zum 31. Dezember 2014 zurückfordern. Für Kredite, die nach 2011 aufgenommen wurden läuft die Frist länger.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 28. Oktober 2014 (Az. XI ZR 348/13 und Az. XI ZR 17/14) entschieden. Mit der Entscheidung hatten die Klagen von zwei Verbrauchern Erfolg. Sie haben nun Anspruch auf Rückzahlung von 555 Euro in dem einen und über 1000 Euro in dem anderen Fall. Die Banken müssen diese Beträge zudem noch mit fünf Prozent über den Basiszinssatz hinaus verzinsen.

Worum geht es?

Oft verlangen die Kreditinstitute bei der Darlehensvergabe ein Bearbeitungsentgelt. Es soll den Aufwand etwa für Beratung, Bonitätsprüfung oder Bearbeitung des Antrags decken. Diese Kosten darf die Bank nicht gesondert kassieren, hatte der BGH bereits im Mai 2014 (Az. XI ZR 405/12 und Az. XI ZR 170/13) entschieden (siehe nd-ratgeber Nr. 1152 vom 21. Mai 2014). Wer solche Gebühren bezahlt hat, kann sie zurückverlangen. Wie alt dabei diese Kreditverträge sein dürfen, blieb damals teilweise unklar.

Was wurde jetzt entschieden?

Auch Bearbeitungsgebühren, die aus Verträgen zwischen 2004 und 2011 stammen, können eingefordert werden. Bisher war nur klar, dass der Kunde die Kosten erstattet verlangen kann, wenn der Kredit nach 2011 aufgenommen worden ist. Das Gesetz sieht eine dreijährige Verjährungsfrist vor: Sie beginnt bei einem 2011 geschlossenen Vertrag am 1. Januar 2012 und endet am 31. Dezember 2014.

Warum kann man jetzt Forderungen erheben, die eigentlich schon verjährt sind?

Der BGH entschied, dass für Kunden mit älteren Krediten die Dreijahresfrist ausnahmsweise nicht mit dem Abschluss ihres Vertrages beginnt, sondern erst nach 2011. Der Grund: Vorher sei es ihnen nicht zumutbar gewesen, ihre Bank zu verklagen.

Erst Ende 2011 sei die Rechtslage einigermaßen klar gewesen, so die BGH-Richter. Ein Urteil zu besagten Bearbeitungsgebühren stand damals zwar noch aus - aber 2011 hätten Oberlandesgerichte entschieden, dass die Gebühr nicht erhoben werden darf. Erst ab dann hätten Kunden von einem unwirksamen Zusatzentgelt ausgehen und es von der Bank zurückfordern können.

Bereits die Vorinstanzen hatten die Fälle unterschiedlich entschieden: So hielt das Landgericht Mönchengladbach die Rückforderungen der 2006 und 2008 aufgenommenen Darlehen für verjährt. Das Landgericht Stuttgart sah die Klage für den 2008 aufgenommenen Kredit dagegen als noch rechtzeitig an.

Der BGH hob diese Urteile jetzt auf und entschied die Fälle zugunsten der Kunden. Es muss nicht neu verhandelt werden.

Wen betrifft das Urteil?

Beim BGH ging es um Kredite von Privatleuten. Doch das Urteil gilt auch für Kredite, die zur Finanzierung einer Immobilie aufgenommen wurden, wie der Verbraucherschutzverein wohnen im eigentum mitteilt.

Können diese Kunden nun zeitlich unbefristet Gebühren zurück fordern?

Nein. Hier hat der BGH den maximalen Zeitraum präzisiert, in welchem Bankkunden unzulässige Bearbeitungsgebühren zurückfordern können. Demnach gilt die zehnjährige Verjährung taggenau und nicht ab Anfang 2004. Demnach wären aus heutiger Sicht Forderungen zu Verträgen verjährt, die vor dem 29. Oktober 2004 abgeschlossen wurden. Auch die Ansprüche aus den zwischen 2004 und 2011 geschlossenen Altverträgen verjähren Ende dieses Jahres und damit am 31. Dezember 2014!

Was müssen Kreditnehmer tun?

Wer in der Vergangenheit einen Konsumentenkredit abgeschlossen hat, sollte zunächst nachschauen, ob die Bank zusätzlich zu den geforderten Zinsen eine Bearbeitungsgebühr erhoben hat. Diese kann zurückgefordert werden, wenn sie in den Vordrucken zum Kreditvertrag formularmäßig erhoben und nicht als gesonderte Abrede vereinbart wurde.

Wie fordere ich die Entgelte von der Bank zurück?

Zunächst mit einem Musterbrief, wie sie die Verbraucherzentralen oder die Stiftung Warentest anbieten. Der Grund: Verbraucher, die direkt einen Anwalt beauftragen, müssen ihn auch selbst bezahlen. Eine zuvor eigenständig erhobene Forderung verhindert das und wälzt eventuelle spätere Anwaltskosten auf die Bank ab.

Bekommt jeder Geld zurück?

Nicht automatisch. Auch nach diesem Urteil muss jeder Einzelfall genau geprüft werden.

Was tun, wenn die Bank meine Forderungen zurückweist?

In diesem Fall sollten Verbraucher einen Anwalt einschalten. Einige Anwälte haben sich auf Sammelklagen spezialisiert und vertreten teils mehrere hundert Betroffene. dpa/nd

Infos: verbraucherzentrale-bayern.de/bearbeitungsentgelte-2; test.de/Musterbrief-Kreditbearbeitungsgebuehr-Fordern-Sie-Ihr-Geld-zurueck-4309427-0/; www.vzb.de/bearbeitungsgebuehr[1]

Links:

  1. http://www.vzb.de/bearbeitungsgebuehr