Konflikt verschärft sich

»Spiegel«

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Streit zwischen Online- und Print-Redaktion des Nachrichtenmagazins »Der Spiegel« wird der Ton rauer. Nachdem die Mehrheit der Print-Redakteure in einer Petition an die Verlagsführung die Pläne des »Spiegel«-Chefredakteurs Wolfang Büchner zum Umbau der Redaktion kritisiert hatte, meldeten sich am Freitag Mitarbeiter von »Spiegel Online« zu Wort. Es gebe einen Kern von Print-Redakteuren, der sich »mit Händen und Füßen« gegen den Online-Journalismus wehrt, zitierte der Onlinebranchendienst meedia.de ein Mitglied der Marketing-Abteilung des Verlages. Chefredakteur Wolfgang Büchner werde im gesamten Haus bei weitem nicht so kritisch gesehen wie in der Print-Redaktion. Mit der Petition habe sich die Print-Redaktion keinen Gefallen getan. In zahlreichen Kommentaren von Lesern würde »die starre Haltung der Anti-Büchner-Fraktion« angeprangert.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur epd sollen 91 Prozent der Redakteure des »Spiegel« den Brief unterzeichnet haben. Die Redakteure fordern nicht explizit die Ablösung von Chefredakteur Wolfgang Büchner, sie schreiben aber, sie könnten ihre Aufgaben »nur dann erfüllen, wenn sie von einem Chefredakteur geführt werden, der das Vertrauen aller Gesellschafter sowie der Redaktion in seine journalistische und strategische Führungskompetenz genießt«. Die Gesellschafter werden aufgerufen, den »Schwebezustand« in der Führungsetage der Redaktion »unverzüglich zu beenden«.

Der Streit zwischen Redaktion und Wolfgang Büchner entzündete sich an der Absicht Büchners, alle Ressortleiterstellen des »Spiegel« neu auszuschreiben und künftig mit einer Doppelspitze aus Print- und Online-Bereich zu besetzen. Damit wäre die Online-Sparte des »Spiegel« der Druckausgabe gleichgestellt worden. Die Pläne waren in der Zeitschriftenredaktion auf Ablehnung gestoßen. »Spiegel Online« ist bisher in einer Tochterfirma organisiert, die Mitarbeiter des Internetangebots gelten als Befürworter der Pläne Büchners. Die Gesellschafter des Magazins hatten Büchners Pläne zwar ihren Segen gegeben, ihm allerdings im August den Auftrag erteilt, die geplante bessere Verzahnung von Print und Online »in enger Zusammenarbeit« mit den Redaktionen von »Spiegel« und »Spiegel Online« vorzunehmen. Die Print-Ressortleiter sehen durch Büchners Pläne die »bewährten Arbeitsweisen in der Redaktion« gefährdet.

Die Haltung der Redaktion hat in der Frage, ob sich Büchner mit seinen Plänen durchsetzen kann oder nicht, Gewicht. Auch beeinflusst das Votum der Redaktion Büchners Zukunft als Chefredakteur des »Spiegel«, denn die Beschäftigten der Zeitschrift sind über die Mitarbeiter KG mit 50,5 Prozent Mehrheitseigner des Verlags und können daher bei der Besetzung des Postens ein gewichtiges Wort mitreden. Weitere Gesellschafter sind der zum Bertelsmann-Konzern gehörende Verlag Gruner + Jahr, der 25,5 Prozent der Anteile besitzt, und die Erben des Magazin-Gründers Rudolf Augstein, die 24 Prozent halten.

Ende Oktober war durchgesickert, dass die Gesellschafter auf der Suche nach einem Nachfolger für Büchner Gespräche mit »Zeit«-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo geführt haben sollen. Dieser soll den Chefredakteursposten jedoch ausgeschlagen haben. mit epd

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