Raucher - ungeschützte Art?

Die Benachteiligung bei Einstellungen in einer Firma ist erlaubt

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.
Rauchen am Arbeitsplatz ist vielerorts tabu. Dass jedoch Raucher bei einer Stellenbewerbung gegenüber Nichtrauchern benachteiligt werden dürfen, schien bisher abwegig. Ist es aber nicht. So ist die Rechtslage.
Nur Schall und Rauch schien lange Zeit, was zum Nichtraucherschutz öffentlich gesagt wurde. Rauchen galt vielen gar als Markenzeichen, gerade Politikern - sicher ein Grund, warum es Nichtraucherinitiativen schwer hatten. Helmut Schmidt pafft noch heute in Interviews seine Glimmstängel, Bilder von Ludwig Ehrhard ohne Zigarre wirken wie die von Charlie Chaplin ohne Melone. Noch Gerhard Schröder erfreute sich dank Cohibas einiger Extra-Schlagzeilen. Die Zeiten sind vorbei. Nichtraucherschutz wird zum politischen Kernthema, und wer sich dem widersetzt, droht der allgemeinen Missbilligung anheimzufallen. Andere Länder sind Deutschland sogar voraus - schottische Behörden drohten einem Edinburgher Theater mit Schließung, weil dort Winston Churchill nur mit brennender Zigarre darstellbar schien. Kaum weniger Ernsthaftigkeit ist von deutscher Politik zu erwarten. Einem interfraktionellen Antrag an den Bundestag haben sich bereits rund 150 Abgeordnete fast aller Fraktionen angeschlossen - er will den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, rasch ein Nichtraucherschutzgesetz zu erarbeiten. Verbraucherschutzminister Horst Seehofer feilt bereits an einem solchen. Die Altersgrenze fürs Rauchen soll im Jugendschutzgesetz zudem auf 18 angehoben werden. Der Frage, ob die Belästigung oder gar Gefährdung von Nichtrauchern jetzt gegen eine Diskriminierung von Rauchern getauscht wird, gehen Betroffene gern wehleidig nach. Polemik uneinsichtiger Zeitgenossen mit Neigung zur Körperverletzung? Tatsächlich müssen Raucher Benachteiligungen gegenüber Nichtrauchern bereits hinnehmen. Zumindest wies das Bundesarbeitsministerium darauf hin, dass Arbeitgeber Nichtraucher bei der Einstellung bevorzugen dürfen, ohne damit geltendes Recht zu verletzen. Auslöser war die Anzeige einer irischen Firma, in der diese Rauchern mitteilte, sie brauchten sich gar nicht erst zu bewerben. Die EU-Kommission in Brüssel teilte darauf mit, dass sie jede Diskriminierung verurteile, die europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien sich aber nicht auf Raucher erstreckten. Und das Bundesarbeitsministerium erklärte, das Arbeitsrecht regele nirgends, dass Rauchen oder Nichtrauchen nicht als Auswahlkriterium genutzt werden könne. Jedoch gebe es einem Firmenchef auch keine Handhabe so zu verfahren. Ergo: Raucher sind eine ungern gelittene Spezies, ihre Benachteiligung ist freilich nicht ausdrücklich erwünscht. Möglich ist sie gleichwohl. Die Grünen haben deshalb flugs angeregt, das jüngst verabschiedete Gleichbehandlungsgesetz nochmals zu novellieren. Ob dann auch Trinker oder andere Suchtkranke auf einen eigenen Schutz hoffen dürfen? Bereits jetzt äußern Experten, dass die Frage des Arbeitgebers nach Trink- oder Rauchgewohnheiten unzulässig sei. Andere plädieren dafür, Rauchen wie Alkoholismus als eine Form von Behinderung anzusehen; die Betroffenen fielen dann doch unter das Antidiskriminierungsgesetz. Einen konkreten Fall in der Rechtsprechung gibt es bisher nicht. Doch der Zeiger neigt sich deutlich: Schutz vor Rauchern ist keine Diskriminierung derselben.
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