• Politik
  • Krieg gegen Libanon geht in die fünfte Woche

Die Front gegen Hisbollah steht

Selbst »Frieden Jetzt« ist für den Krieg

  • Oliver Eberhardt, Jerusalem
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Entvölkerte Städte und Hunderte Opfer: Der Krieg in Libanon geht auch an den Menschen in Israel nicht spurlos vorbei. In der Öffentlichkeit wird derweil über den Sinn und Unsinn der Konfrontation gestritten - und dabei werden auch traditionelle ideologische Grenzen überschritten.

Kirjat Schmonah ist die letzte Stadt vor dem Ende des Staates Israel. Rund 20 Kilometer ist die Grenze zu Libanon entfernt, doch der Krieg ist schon hier. Immer und immer wieder schlagen in der Kleinstadt die Katjuscha-Raketen ein, die die Hisbollah aus Libanon abfeuert. »Es müssen schon Hunderte gewesen sein«, sagt Ofer, der im Zentrum der Stadt einen kleinen Laden betreibt. Immer öfter treffen die Raketen auch Menschen; eine Frage der Übung sei das, sagen Experten, mit der Praxis lernten die Schützen auch, wie sie mit den leicht zu handhabenden Boden-Boden-Raketen am besten zielen. So haben die meisten der 25 000 Einwohner Kirjat Schmonahs ihre Sachen gepackt und sind ins Zentrum des Landes geflohen, dorthin, wo es ruhig ist. Geblieben sind die Armen, die Alten, die Kranken, diejenigen, die es sich nicht leisten können, wochen-, vielleicht monatelang ohne Arbeit im Hotel zu leben - und Ofer: »Auch die Armen brauchen Lebensmittel.« Ofer und selbst viele Israelis, die sich eigentlich der Friedensbewegung zurechnen, stehen hinter dem Krieg. Dagegen wird die Umsetzung der Militärkampagne heftig kritisiert: Zu viele Opfer auf beiden Seiten, zu wenig Plan für die Zeit nach dem Krieg gebe es, sagen viele, fügen aber meist hinzu, dass für Israel dennoch an der bewaffneten Konfrontation kein Weg vorbei führe. »Wir dürfen niemals vergessen, dass es die Hisbollah war, die Israel angegriffen hat und zwar nicht nur einmal, sondern immer wieder. Verhandlungen wären sinnlos gewesen; eine militärische Reaktion war also notwendig«, sagt ein Führungsmitglied der Friedensorganisation »Schalom Achschaw« (Frieden Jetzt). »Allerdings wünschte ich, dass das Ganze schonender, mit weniger Opfern durchgeführt werden würde.« »Tatsache ist doch, dass die Luftwaffe ohne Rücksicht auf Verluste alles bombardiert, was ihr als Ziel genannt wird«, sagt der »Frieden-Jetzt«-Mann. »Man sollte sich immer wieder fragen, ob die zivilen Opfer ein angemessener Preis für das jeweilige Ziel der Operation sind, und im Zweifelsfall lieber Bodentruppen reinschicken, die solche Aktionen schonender umsetzen könnten.« Dies allerdings birgt das Risiko höherer eigener Verluste, das vor allem der sozialdemokratische Verteidigungsminister Amir Peretz, seine eigene Karriere im Sinn, nicht in Kauf nehmen will. Dennoch sehen sich die Friedensbewegten plötzlich vereint mit strammen Konservativen wie Ofer, der den Krieg ebenfalls gutheißt, ebenfalls die hohen Opferzahlen ablehnt und ebenfalls die Ziellosigkeit von Regierung und Militärführung kritisiert: »Wir können die Hisbollah nicht zerstören, weil es keine Armee, sondern eine Guerilla-Truppe ist, deren Kämpfer jederzeit ihre Waffen verstecken und in der Bevölkerung verschwinden können. Also muss sie von jemandem kontrolliert werden, und das kann nur die libanesische Regierung sein - eine neue Besetzung steht außer Frage. Der Krieg sollte nur dazu da sein, die Libanesen dazu zu zwingen, etwas zu unternehmen.« Draußen ertönt das markerschütternde Kreischen der Luftsirene. In einer Minute wird irgendwo in der Stadt eine Katjuscha-Rakete einschlagen. »Ich hoffe jedes Ma...

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