Der Harry-und-Sally-Moment

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Es ist nicht die berühmte Szene im Restaurant, die Sarah Diehl aus dem Spielfilm »Harry und Sally« im Gedächtnis blieb. Sondern die, als Sally mit Freundinnen am Kaffeetisch sitzt und alle sich einig sind, dass die Zeit in Sachen Familienplanung dränge. »Die Angst vor der Endlichkeit der eigenen Gebärfähigkeit wurde als kollektive weibliche Erfahrung dargestellt, als wäre sie zwangsläufig an die Identität einer Frau geknüpft«, schreibt Diehl und stellt fest, dass sich seit den achtziger Jahren nichts Wesentliches geändert hat. Frauen, die keine Kinder haben und sich keinen Kopf um die »tickende Uhr« machen, müssen sich rechtfertigen - anders als kinderlose Männer. Die hätten kein Legitimationsproblem, und während häufig vom »Gebärstreik« der Akademikerinnen die Rede sei, lese man nichts von einem möglichen Zeugungsstreik ihrer Partner. »Sie werden mit ihrer Entscheidung schlicht in Frieden gelassen«, so Diehl.

Bei Frauen, die kinderlos bleiben, handelt es sich weder zwangsläufig um egoistische Wesen, die ihren Latte Macchiato in Ruhe schlürfen wollen, noch um bedauerliche Einzelfälle, sondern um rund 16 Prozent von ihresgleichen - Tendenz steigend -, die schlichtweg andere Prioritäten setzen. Sarah Diehl hat für ihr Buch mit Dutzenden Frauen Interviews geführt, die schildern, warum sie sich gegen Kinder entschieden haben und wie ihr Umfeld darauf reagiert. Diehl kommt zu dem Ergebnis, dass »nicht ein Zuviel, sondern ein Zuwenig an Gleichberechtigung« dazu führt, dass viele Frauen keinen Kinderwunsch verspüren.

Sarah Diehl: Die Uhr, die nicht tickt. Kinderlos glücklich. Eine Streitschrift. Arche Verlag, 272 Seiten, 14,99 €. Nächste Buchvorstellung: 25. November, 20.30 Uhr, Fahimi Bar (»Verbrecher Versammlung«), Skalitzer Str. 133, Berlin

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