Echte und falsche Partnerschaften im Kampf gegen Hunger

Mit Konzernen kooperiert das Entwicklungsministerium BMZ tatsächlich - mit deren Kritikern nur vermeintlich

  • Ralf Hutter
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Sonderinitiative »EineWelt ohne Hunger« des Entwicklungsministeriums BMZ sorgt für Ärger. Mehrere Nichtregierungsorganisationen wehren sich gegen ihre Vereinnahmung.

Eigentlich ist ihr Verhältnis eher von Kritik geprägt - doch nun heißt es: »INKOTA, FIAN und Oxfam gemeinsam mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für EineWelt ohne Hunger«. So lautet zumindest der Titel einer Pressemeldung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) vom vergangenen Donnerstag, in der es seine Sonderinitiative »EineWelt ohne Hunger« hervorhebt. Die Meldung stand noch am Montag im Internetauftritt des Ministeriums - dabei hatten sich die genannten Organisationen, die sich für einen gerechteren Welthandel einsetzen, schon am Freitag in einem offenen Brief über eine gravierende Falschdarstellung beschwert.

Die Meldung des BMZ beruhte auf der Übergabe von über 65 000 Unterschriften, die die drei Organisationen gemeinsam mit vielen anderen gesammelt hatten, um gegen die Zusammenarbeit mit bestimmten Konzernen im Kampf gegen Hunger zu protestieren. Im Rahmen der German Food Partnership (GFP) und der Neuen Allianz für Ernährungssicherung fördert das Ministerium Projekte, in denen etwa Bayer und BASF ihre Spritzmittel an den Bauer und die Bäuerin bringen. »GFP und Agrarkonzerne tauchen jedoch in der Pressemeldung des BMZ überhaupt nicht auf«, beschwert sich nun Oxfam. »Stattdessen wird der Eindruck erweckt, es handele sich um eine gemeinsame Aktion zur Unterstützung von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern.« Um diesen Eindruck nicht zu gefährden, hat das BMZ seiner Meldung ein beschnittenes Foto von der Unterschriftenübergabe vorangestellt. Während auf dem Original, beispielsweise im Internetauftritt der Menschenrechtsorganisation FIAN, zu sehen ist, dass auf einem großen Schild »Keine Entwicklungshilfe für Agrarkonzerne« steht, sind in der BMZ-Version die letzten anderthalb Worte weggeschnitten.

Es handelte sich also nicht um ein einvernehmliches Treffen mit Staatssekretär Friedrich Kitschelt, der sein Haus in der Pressemeldung »Seite an Seite mit der Zivilgesellschaft« sieht. Vielmehr schreiben Oxfam, FIAN und INKOTA in ihrem offenen Brief nun: »Aus Sicht zahlreicher Entwicklungs-, Bauern- und Menschenrechtsorganisationen stellen GFP und Neue Allianz ein hohes Risiko für das Recht auf Nahrung der besonders von Hunger betroffenen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern dar, die an den Projektplanungen in keiner Form beteiligt sind.«

Wie so ein Projekt beschaffen ist, hat der LINKE-Abgeordnete Niema Movassat unlängst beim BMZ erfragt. Es ging dabei um das GFP-Projekt »Better Rice Initiative Asia«, das mit lokalen Partnern und BASF durchgeführt wird. In seinem Rahmen wurde in Thailand die Fernsehserie »Farmers love Safety« produziert, die auf zwei Reisfarmen die Bemühungen um Ertragssteigerungen zeigt und in deren Rahmen in typischer Werbefilm-Manier Schulungskurse für den Umgang mit Spritzmitteln beworben werden. Laut BMZ wird die Serie zu 70 Prozent von BASF finanziert.

Weniger auskunftsbereit hat sich das Ministerium hingegen gegenüber Oxfam, INKOTA und FIAN gezeigt. Seit einem Jahr warten die trotz wiederholter Anfragen und Zusagen auf Informationen zu GFP und Neue Allianz. Im offenen Br ief schreiben sie nun, dass Staatssekretär Kitschelt »eine Übersendung der Verträge, Projektunterlagen und Trainingsmaterialien der GFP bis zum 4. Dezember zugesagt« habe.

Das Ministerium selbst teilt auf nd-Anfrage mit: »Die Veröffentlichung der Dokumente zur German Food Partnership wird in Kürze erfolgen. Zur Unterschriftenübergabe aus der vergangenen Woche haben wir nichts weiter mitzuteilen.«

Niema Movassat hat dem BMZ am Montag ebenfalls einen Protestbrief wegen der Pressemeldung geschickt. Der Ball liegt im Spielfeld von Entwicklungsminister Gerd Müller.

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