nd-aktuell.de / 20.11.2014 / Brandenburg / Seite 12

Kinderaugen erzählen Geschichten

Ausstellung aus Anlass des 30-jährigen Bezirksjubiläums von Hohenschönhausen eröffnet

Steffi Bey
Kinder aus Neu-Hohenschönhausen gehen in ihrem Kiez auf Spurensuche und fotografieren ihre Erlebnisse. Aus den Bildergeschichten entstand jetzt eine Ausstellung anlässlich des Bezirksjubiläums.

Eigentlich sehen die Säulen in den Räumen der Anna-Seghers-Bibliothek alle gleich aus. Doch von der weißen Eintönigkeit ist in diesen Tagen nichts mehr zu sehen. Stattdessen schmücken große, bunte Zettel und verschiedene Schriftstücke die Stützen. Kinder sind darauf zu sehen - wie sie lachen und spielen, an einer Haltestelle stehen, auf dem Schulhof toben oder Tiere auf dem Arm halten.

Die Aufnahmen und Texte sind ebenfalls von Kindern. Schüler der Matibi-Grundschule aus Hohenschönhausen haben sie in den vergangenen Monaten gemacht. Auch die Wohnhäuser sowie ein Kino und ein Wunschbaum aus Pappmaché, die gerade in der Bibliothek am Prerower Platz zu sehen sind, wurden in mühevoller Handarbeit von jungen Bewohnern des Bezirks gefertigt. 48 Mädchen und Jungen aus mehreren Schulen und einer Kita beteiligten sich an den beiden Projekten »Wir Kinder aus Hohenschönhausen« und »Ich zeige dir, wie ich lebe«. »Die Idee dazu entstand aus Anlass des 30-jährigen Jubiläums von Hohenschönhausen, das nächstes Jahr ansteht«, sagt Projektleiterin Corinna Eckert. »Wir wollten dafür einmal Kinder zu Wort kommen lassen.«

Mit der Präsentation der ersten Ergebnisse wird jetzt offiziell der Veranstaltungsreigen anlässlich des bevorstehenden Jahrestages eingeleitet.

Für die jungen Teilnehmer waren es »spannende und lustige Wochen«, wie es die zehnjährige Antonia formuliert. Auch wenn sie und ihre Schulfreunde dafür ihre Freizeit opferten, erlebt haben sie so viel, dass es letztendlich schwierig war, die besten Fotos und Bildgeschichten für die Ausstellung auszusuchen.

In drei Teams, ausgerüstet mit Tablet-PCs, zogen die Kinder los. Während sich die einen auf Schatzsuche begaben, andere erstmals das »Fort Robinson« mit seinem tollen Abenteuerspielplatz entdeckten, besuchte eine Gruppe das Tierheim in Falkenberg. »Ich finde es traurig, dass dort so viele Tiere sind, die niemand mehr haben wollte«, sagt Belynda. Die zehnjährige Antonia inspirierte der Besuch zum Schreiben. Sie dachte sich eine spannende Geschichte um den weißen Hasen Flocki aus, der eine Menge Abenteuer erlebt. Ihre Aufzeichnungen werden durch die Fotografien noch lebendiger.

Wer sich die Aufnahmen anschaut, die von den Kindern gemacht wurden, wundert sich vielleicht über die gelungenen Motive. Dass die Bilder so sehenswert sind, hat auch etwas mit Ulrich Haegert zu tun. Der Hobbyfotograf war maßgeblich am Projekt beteiligt. Auch wenn er, wie er sagt, »keine Ahnung von Tablet-PCs hat.« Der 76-Jährige begleitete die Mädchen und Jungen bei ihren Touren und zeigte ihnen beispielsweise, wo sie sich am besten hinstellen, bevor sie abdrücken. Und er fotografierte mit seinem eigenen Apparat die Spurensucher. Diese Bilder sind jetzt ebenfalls in der Bibliothek ausgestellt.

Dass auch die Kinder des zweiten Projektes Freude am Gestalten hatten, beweisen die kunterbunten Gebäude und ein Wunschbaum aus Pappmaschee. Sie fertigten Häuser mit gestreiften Balkonen, blumigen Fassaden und Fenster hinter denen freundliche Menschen stehen. »Mich fasziniert an der gesamten Arbeit die Offenheit, mit der die Mädchen und Jungen herangegangen sind und dass sie wirklich Dinge entdeckten, die sie vorher noch nicht kannten«, erklärt Medienpädagogin Corinna Eckert.

Finanziert wurden die Projekte vom Deutschen Bibliotheksverband, dem Bundesbildungsministerium und der Wohnungsbaugesellschaft Howoge. »Kindern Wissen und Erfahrungen zu vermitteln sowie ihre Medienkompetenz zu stärken, ist Ziel der Bibliotheksarbeit - das hilft, unseren Bildungsauftrag zu erfüllen«, betont die Lichtenberger Bildungsstadträtin Kerstin Beurich (SPD).

Die Ausstellung »Wir Kinder aus Hohenschönhausen« ist bis zum Sommer 2015 in der Anna-Seghers-Bibliothek im Linden-Center, Prerower Platz 2, zu sehen.