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Minister nicht mehr Präsident

SPD-Politiker gibt vorsichtshalber den Chefposten bei Turbine Potsdam ab

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Interessenkollision wird vermieden, ein Imageschaden für Turbine Potsdam ausgeschlossen. Der neue Bildungsminister Günter Baaske bleibt nicht Präsident bei dem Frauenfußballvereins.

Der SPD-Politiker Günter Baaske hat am Freitag angekündigt, die Präsidentschaft bei dem bekannten Potsdamer Frauenfußballverein Turbine Potsdam niederzulegen. Er bedaure dies sehr, sehe aber dazu keine Alternative, sagte er. Als neuer Minister für Bildung, Jugend und Sport sei er nunmehr für den Sport im gesamten Bundesland zuständig, stehe also quasi allen Sportvereinen vor, sagte er am Freitag vor der Landessportkonferenz, die auf dem Sportgelände am Potsdamer Luftschiffhafen zusammengetreten war, wo sich die Geschäftsstelle des Vereins befindet.

Dieser Schritt sei dem politischen Geschäft geschuldet, wo man immer damit rechnen müsse, dass man als Politiker getroffen werden soll, »aber dann auch der Verein getroffen wird«, erläuterte Baaske bei seinem ersten Auftritt im neuen Amt vor den Spitzenfunktionären des brandenburgischen Sports.

Wolfgang Neubert, Präsident des Landessportbundes (LSB), verurteilte ganz allgemein, dass verdienstvolle Ehrenamtler mitunter »in die Schusslinie geraten von Medien und anderen Kräften«. Er habe dafür kein Verständnis, setzte Neubert hinzu, der seit mehr als zwei Jahrzehnten die Eliteschule des Sports in Cottbus leitet. In der Vergangenheit hatte es mehrfach Diskussionen gegeben, weil verschiedene SPD-Minister zugleich Chef eines bekannten Sportvereins waren.

Mit 3000 Vereinen und 46 000 ehrenamtlichen Helfern ist der Sport »die größte Bürgerbewegung in Brandenburg«, sagte Baaske. Der Breitensport entfalte eine soziale Bindekraft in Regionen, »wo sonst gar nichts mehr wäre«, merkte er an. Die rot-rote Landesregierung sei sich dessen bewusst und steigere ihren Zuschuss für den Sport von 15 Millionen Euro auf 17 Millionen. Baaske war bis vor kurzem noch Sozialminister. Bezogen auf seine Nachfolgerin, der neuen Sozialministerin Diana Golze (LINKE), äußerte Baaske die Erwartung, dass sie die Förderung von Behindertensportlern im bisherigen Umfange fortsetzten möge.

Weil es immer weniger Kinder gebe, gebe es ein Tauziehen darum, in welchen Verein sie gehen. »Diesen Kampf haben wir natürlich«, sagte Baaske. Obwohl von den Sportvereinen dieses Jahr 2400 neue Mitgliedern gewonnen werden konnten, ist nach Ansicht des Ministers »noch Luft nach oben«. In Westdeutschland seien 60 Prozent der Jugendlichen in Sportvereinen organisiert, im Osten nur 30 Prozent. Bei den Erwachsenen sehe es ähnlich aus. Angesichts dessen dürften die Verantwortlichen »nicht nachts ins Kopfkissen schluchzen«, sondern müssten mehr tun. Die Landesregierung werde helfen, Menschen zu werben, die in Asylbewerberheimen leben. So mancher märkische Fußballverein habe nur deswegen seine Klasse halten können, »weil er Afrikaner hat mitspielen lassen«.

Brandenburg unterstütze die Olympiabewerbung Berlins, unterstrich Baaske, denn Brandenburg könne sich Chancen ausrechnen, die Ruderwettkämpfe dann auf sein Territorium zu holen, vielleicht auch die Radrennen und das Golfspiel. »Wir würden uns freuen, wenn es klappt.« Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Karl-Ludwig Böttcher erinnerte daran, dass die Stadt Brandenburg/Havel auf das Austragen der Ruder-WM verzichten musste, weil die Anforderungen der Weltverbände einfach viel zu hoch gewesen seien. Statt zu gewährleisten, dass irgendwelche Funktionäre »ins Saus und Braus leben«, sollte man sich auf die preußische Sparsamkeit besinnen. Böttcher kritisierte den Vergabemodus bei internationalen Fußballereignissen. »Im Falle von Olympia geht es noch nicht ganz so korrupt zu.« Außerdem erwähnte Böttcher einige Beispiele, in denen Gemeinden von der Sportförderung ausgeschlossen worden seien. Wenn aber keine bauliche Basis vorhanden sei, dann könne sich auch kein Sportleben entwickeln.

LSB-Hauptgeschäftsführer Andreas Gerlach sagte dazu, dass deutlich mehr Anträge eingereicht werden, als bewilligt werden können. Auch wenn der »Goldene Plan Ost« der Sportstättenförderung noch zwei oder drei Nachfolger haben sollte, »wird es uns leider nicht gelingen, alle Wünsche zu erfüllen«.

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