Cousine erhebt Anspruch

Gurlitts Kunstsammlung

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Mehr als ein Jahr lang hat der Fall Gurlitt die Kunstwelt in Atem gehalten, jetzt stand die letzte wichtige Entscheidung kurz bevor - und nun könnte alles noch ganz anders kommen. Cornelius Gurlitts Cousine, die 86 Jahre alte Uta Werner, die gesetzliche Erbin, die in seinem Testament aber übergangen wurde, beantragte am vergangenen Freitag - unterstützt von weiteren Familienmitgliedern - einen Erbschein beim zuständigen Nachlassgericht in München. »Mit der Beantragung des Erbscheins muss das Amtsgericht München bei begründeten Zweifeln die Gültigkeit des Testaments überprüfen«, hieß es in einer Mitteilung, die der Sprecher von Werner veröffentlichte. Diese Zweifel sind aus Sicht der Familienmitglieder wohl vorhanden. Sie hatten bei dem Psychiater Helmut Hausner ein Gutachten in Auftrag gegeben und sehen durch das Ergebnis die Testierfähigkeit von Cornelius Gurlitt infrage gestellt.

Am Samstag hat der Bruder von Uta Werner, Dietrich Gurlitt, Spekulationen über den Geisteszustand des Kunstsammlers allerdings zurückgewiesen. Über die Beschlagnahme seiner Bilder sei sein Cousin so empört gewesen, dass er kein deutsches Museum in seinem Testament bedacht habe. »Das alles ist nicht paranoid, sondern konsequent und verständlich«, teilte Dietrich Gurlitt der Nachrichtenagentur dpa mit.

Der 95-Jährige ist gemeinsam mit seiner Schwester Uta Werner (86) in der gesetzlichen Erbfolge Gurlitts nächster Verwandter, wurde im Testament aber übergangen. Im Gegensatz zu seiner Schwester erhebt er aber keine Ansprüche auf den Nachlass. Von dem psychiatrischen Gutachten über seinen Cousin, das seine Schwester in Auftrag gegeben hatte, und das Cornelius Gurlitt eine »wahnhafte Störung« bescheinigte, distanzierte er sich. Er spricht sich ausdrücklich dafür aus, dass der letzte Wille seines Cousins erfüllt wird und das Kunstmuseum Bern, das Gurlitt als Alleinerben einsetzte, die millionenschwere Kunstsammlung auch wirklich bekommt.

Der Kunstsammler Gurlitt hatte sein komplettes Vermögen dem Kunstmuseum Bern vermacht, das nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa das Erbe auch antreten will. Die millionenschwere Sammlung Gurlitt, die in seiner Schwabinger Wohnung und später auch in seinem Haus in Salzburg gefunden wurde, umfasst Hunderte Werke, bei denen nicht auszuschließen ist, dass es sich um Nazi-Raubkunst handelt. Gurlitts Vater Hildebrand war einer der Kunsthändler Adolf Hitlers. dpa/nd

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