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Alte Bauern - arme Bauern?

Linkspartei debattiert über die Reform der landwirtschaftlichen Alterssicherung

  • Rosi Blaschke
  • Lesedauer: 3 Min.
Altersarmut ist ein großes Problem für Landwirte. Die LINKE will ein gerechteres Rentensystem - mit Hilfe einer Bürgerversicherung.

Das Einkommen der bundesdeutschen Landwirte liegt bei 56 Prozent des Durchschnitts aller Arbeitnehmer. Selbstständige Landwirte haben somit die geringsten Renten. Die Linkspartei hat sich in ihrem Wahlprogramm 2013 für die Überführung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung in die allgemeinen gesetzlichen Versicherungssysteme ausgesprochen, um Altersarmut entgegenzuwirken. Ob das der beste Weg ist, Land- und Forstwirte sowie Gärtner im Alter sozial abzusichern, darüber diskutierte am Wochenende die Arbeitsgemeinschaft Agrarpolitik und Ländlicher Raum.

Die landwirtschaftliche Sozialversicherung ist ein eigenständiges Alterssicherungssystem mit Kranken-, Renten- und Unfallversicherung für selbstständige Landwirte, Familienangehörigen und Mitarbeiter. Es wurde 1957 eingeführt. Die letzte Reform 2013 fasste die bisher dafür zuständigen 37 Körperschaften zum Bundesverband »Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau« (SVLFG) zusammen. Die Koalition will dieses System beibehalten, erlegt ihm aber die Einsparung von 40 Millionen Euro und über 700 Arbeitsplätzen auf.

Bringt man die Debatte auf einen ersten Nenner, wird klar: Es besteht Reformbedarf, zugleich muss Erhaltenswertes bleiben. Andreas Bergmann, Mitglied der AG und Nebenerwerbslandwirt, hält die Kranken- und Pflegeversicherung für ein stabiles System, das nicht geändert werden muss. Auch die Unfallversicherung sei bei Landwirten akzeptiert, ihr gehöre eine Million Betriebe an.

Umstritten sei dagegen die Landwirtschaftliche Alterssicherung (AdL). Die Anzahl der Beitragszahler sinkt, die der ausgezahlten Renten ist doppelt so hoch wie die der Versicherten. Die Ausgaben müssen zu 75 Prozent aus dem Bundeshaushalt gedeckt werden. Da Leistungen und Beiträge niedriger als in der gesetzlichen Rentenversicherung liegen, sind alte Landwirte oft auf Grundsicherung angewiesen. Der Agrarpolitiker Wolfgang Jahn rechnete vor, dass 2013 die Regelaltersrente für selbstständige Bauern 462 Euro, für mitversicherte Ehefrauen 245 Euro betrug. Damit liegen sie weit hinter den Alterseinkommen der Handwerker, Gewerbetreibenden und Freiberufler. Nur 17 Prozent der Versicherten erhielten Zuschüsse zu den Beiträgen. Die Redewendung, dass Bauern mit einem Stein auf der Brust geboren werden, damit sie rechtzeitig das Stöhnen lernen, erhält hier einen realen Hintergrund.

Albert Seifert, Vorsitzender einer Thüringer Agrargenossenschaft und Mitglied der SVLFG-Vertreterversammlung, verwies auf große Ost-West-Unterschiede. Auf Grund der Agrarstrukturen in Ostdeutschland - viele Genossenschaften und GmbHs - sind dort die meisten Landwirte Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung, nur Familienbetriebe und deren Helfer unterliegen der AdL Im Westen erfasst sie 98 Prozent der Bauern und 84 Prozent der Bäuerinnen im Ruhestand.

Eine Voraussetzung für AdL-Renten ist die Hofabgabe. Die Klausel, wonach der Bauer erst Anrecht auf Rente hat, wenn er den Hof an Nachfolger übergibt, müsse abgeschafft werden, unterstrich der Agrarwissenschaftler Dr. Peter Mehl vom Thünen-Institut für Ländliche Räume. Darin waren sich alle Teilnehmer einig. Zumal zwei Drittel der Landwirte keinen Nachfolger finden.

Die Linkspartei setzt sich für eine Umgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung in eine Erwerbstätigen- oder Bürgerversicherung ein, in die alle Berufsgruppen einzahlen. Ein Akt der Gerechtigkeit, der nicht nur den Bauern das Alter sorgenfreier machen soll.

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