Der Druck auf die FIFA wächst

WM-Vergabeskandal: DFL-Chef Seifert fordert einen Boykott der WM 2018

  • Lesedauer: 3 Min.

Frankfurt am Main. Blatter-Ablösung und WM-Untergangsszenario: Die deutschen Fußballbosse haben sich den Druck auf die FIFA zunutze gemacht, um gegen den Weltverband und seinen umstritten Präsidenten zu argumentieren. DFL-Boss Christian Seifert brachte als Konsequenz aus dem WM-Vergabeskandal das Ende der Turniere ins Gespräch, DFB-Präsident Wolfgang Niersbach machte sich für einen Gegenkandidaten gegen Joseph Blatter stark.

Laut Niersbach will die Europäische Fußball-Union (UEFA) die Wiederwahl Blatters nun doch nicht kampflos hinnehmen. Der Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dass die UEFA-Mitgliedsländer trotz der Absage von Präsident Michel Platini möglicherweise einen Bewerber für die Wahl am 29. Mai aufstellen werden. »Ich schließe nicht aus, dass es bis zum 24. Januar doch noch einen europäischen Kandidaten geben wird«, sagte Niersbach, der keine Namen nennen wollte.

Der DFB und andere europäische Verbände haben sich gegen Blatters fünfte Amtszeit ausgesprochen. »Auch wenn es nicht immer gerecht ist, werden die Probleme der FIFA sehr stark an der Person des Präsidenten festgemacht und stehen damit einem unbelasteten Neuanfang im Wege«, sagte Niersbach.

Das Urteil des 63-Jährigen über den Zustand der FIFA unter Blatter ist vernichtend. »Wir brauchen an der Spitze eine Institution, die für Integrität, Glaubwürdigkeit, Seriosität steht und über alle Zweifel erhaben ist«, äußerte Niersbach: »Das ist seit längerer Zeit bei der FIFA nicht gegeben. Das kann uns nicht gefallen, und das muss ein Ende haben.«

Das Theater um den Untersuchungsbericht zu den WM-Vergaben 2018 an Russland und 2022 an Katar ruft bei Niersbach Kopfschütteln hervor. Die Aufklärung der Korruptionsvorwürfe gegen Russland und Katar scheint wohl zur unendlichen Geschichte zu werden. Die Entscheidung der beiden Ethik-Chefs Hans-Joachim Eckert und Michael Garcia für die erneute Prüfung des Untersuchungsberichts durch den früheren Manager Domenico Scala sorgt wieder für Verzögerungen.

Angesichts dieses Hickhacks befürwortet Seifert einen WM-Boykott, der zum Ende der Weltmeisterschaften führen könnte. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Fußball Liga (DFL) appellierte dabei an ein gemeinsames Vorgehen der großen europäischen Verbände.

»75 Prozent der Spieler einer WM sind in Europa unter Vertrag, und wenn Europa 'Wir spielen nicht mehr mit' sagt, dann ändert das alles«, sagte Seifert der Süddeutschen Zeitung und würde zudem einen Rücktritt Blatters begrüßen. Er glaubt aber nicht, dass damit alle Probleme gelöst wären. »Das Erschütternde an dem Bericht ist doch, dass wohl bis auf Belgien und Holland alle Bewerber versucht haben, mit ethisch fragwürdigen Mitteln den Zuschlag für die WM zu bekommen. Das belegt doch, dass es sich hier nicht um ein reines Personalproblem Blatter handelt. Sondern um ein Systemproblem FIFA«, so Seifert. sid/nd

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