Wenn der Nationalpark Ärger bringt

Forscher wollen Streit um Schutzgebiete minimieren

  • Sebastian Haak, Schmalkalden
  • Lesedauer: 2 Min.

Thüringer Forscher wollen einen Beitrag dazu leisten, dass es bei der Ausweisung von Nationalparks in Deutschland weniger Widerstand durch die Anlieger der entsprechenden Flächen und andere Betroffene gibt als bislang. In der Vergangenheit seien bei der Einrichtung solcher Areale nicht selten Konflikte aufgetreten, die durchaus mit dem Widerstand gegen große Infrastrukturprojekte wie Stuttgart 21 vergleichbar seien, sagt Matthias Werner Schneider. Er ist Professor an der Fakultät für Wirtschaftsrecht an der Fachhochschule Schmalkalden in Thüringen. Weil sich Deutschland zum Ziel gesetzt habe, mehr Natur unter Schutz zu stellen, sei dieses Problem in den kommenden Jahren von einer besonders großen Bedeutung.

Schneider, der schwerpunktmäßig unter anderem zum Naturschutzrecht forscht, will deshalb nach eigenen Angaben gemeinsam mit Kollegen unter anderem die verschiedenen Rechtsgrundlagen vergleichen, nach denen deutsche Nationalparks in der Vergangenheit ausgewiesen worden sind. Dabei will er auch prüfen, wo es besonders wenig Widerstände dagegen gegeben habe - und warum. Zudem wolle er die bestehenden Regularien so aufarbeiten, »so dass jeder Mensch wirklich versteht, mit welchem Verfahren ein Nationalpark ausgewiesen wird und welche Auswirkungen das hat«, erklärt Schneider.

Belastbare Ergebnisse seines Forschungsprojektes könne er bisher noch nicht vorweisen, sagt der Professor. Allerdings habe er bislang den Eindruck, dass die Einrichtung des Nationalparks Hainich Thüringen besonders reibungslos funktioniert habe. »Beim Hainich handelt es sich möglicherweise um einen Modellnationalpark.« Offenbar sei es dort gelungen, den Raum der Gegner des Projektes einzuschränken, weil mit allen von der Ausweisung des Gebietes Betroffenen im Vorfeld gesprochen worden sei.

Wer bei der Ausweisung von Nationalparks als ein solcher Betroffener gelte, sei indes eine der zentralen Fragen auch seines Forschungsprojektes, sagt Schneider. Es gebe nämlich ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, wer im Rahmen des Verfahrens angehört werden müsse: Nur die Menschen, die unmittelbar an der besonders zu schützenden Fläche wohnen? Oder auch jene, die mehrere Kilometer von dort entfernt zu Hause sind? Schon diese grundlegende Frage sei ungeklärt, so dass nicht selten verschiedene Ministerien ganz unterschiedliche Rechtsauffassungen dazu verträten.

Nach Schneiders Erfahrung stehen Menschen der Einrichtung von Nationalparks unter anderem deshalb skeptisch gegenüber, weil sie fürchteten, »ihren« Wald nicht mehr betreten und dort kein Holz oder keine Pilze mehr sammeln zu dürfen. Außerdem sähen viele Menschen Arbeitsplätze der Holzindustrie durch Nationalparks gefährdet. Seien diese Schutzgebiete aber erst einmal ausgewiesen, sagt Schneider, würden sich die meisten Menschen mit ihnen versöhnen - unter anderem, weil der Tourismus in den entsprechenden Regionen angekurbelt werde.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal