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Ein Kanon für den Bundestag

Aquabella singen Volkslieder aus aller Welt in Originalsprache

  • Antje Rößler
  • Lesedauer: 3 Min.

Ostfinnisch spricht hierzulande kaum jemand; auch neuseeländische oder hawaiianische Dialekte sind selten. Umso mehr bewundert man das Vokalensemble Aquabella, das zwanzig teils höchst exotische Idiome in korrekter Aussprache singen kann. In ihrem Repertoire lassen die in Berlin ansässigen Damen keine Herkunftsbeschränkungen gelten. Sie singen die Hits der Weltmusik, wie etwa Cheb Khaleds »Aïcha« oder das kubanische »Chan Chan«, neben Raritäten. Das »Vaterunser« auf Suaheli haben sie ebenso drauf wie die zarte Kirschblütenpoesie des japanischen »Sakura«.

»Beim Einstudieren arbeiten wir immer mit Muttersprachlern«, erzählt Bettina Stäbert, Sängerin und eine der beiden Geschäftsführerinnen von Aquabella. »Das kann die russische Nachbarin sein oder der aus Israel stammende Pförtner einer Synagoge.« In Sachen Samba gab es Feedback von einer brasilianischen Enthaarungsexpertin im Waxing Studio. Waschechtes kanadisches Französisch wird auch mal per Skype übermittelt. Außerdem haben sich die Sängerinnen etliche Folklore-Gesangstechniken angeeignet. So beherrschen sie den schneidenden, vibratolosen Sound bulgarischer Frauenchöre. Auch jodeln - was keinesfalls nur in Europa vorkommt - können die Damen, was das Zeug hält.

Auf der Bühne bauen sie um jedes Lied eine kleine Szene; gern verbunden mit Perkussion oder folkloristischen Tänzen. Für die Shows ist es von Vorteil, dass die Künstlerinnen auf ganz unterschiedlichem Parkett Bühnenerfahrung gesammelt haben: von Jazzgesang über Chanson bis zum Schauspiel. Ihre Programme brachten sie auf die Siegertreppchen diverser Wettbewerbe, etwa 2012 beim German Acappella Bundescontest.

Geprobt wird in der großzügigen Kreuzberger Wohnung von Bettina Stäbert, wo auch Archiv und Kostümfundus unterkommen. Das Büro des Vokalquartetts befindet sich ebenfalls hier. Die Aquabella-Sängerinnen machen alles selbst - von der Organisation bis zum Booking, von der CD-Produktion bis zum Schreiben von Arrangements.

Das Jahr 2014 war für Aquabella wieder zeitintensiv, hat doch die Gruppe ihre sechste CD produziert, die vor kurzem bei dem Bremer Label Jaro erschien. Die Platte trägt den Titel »Ayadooeh!«. Das an den Tarzanschrei erinnernde Kunstwort leitet den Refrain von Brasiliens wohl bekanntester Samba »Mas que nada« ein, die hier in einer entspannt groovenden Version erklingt.

Auf dem Album vereinen Aquabella die Welthits der Folklore: Lieder, die in ihrer Heimat - in Kanada oder Brasilien, Finnland oder Portugal - jeder Spatz von den Dächern pfeift. Den mitreißenden Roma-Tanz »Ederlezi« versehen Aquabella mit wirbelnder Perkussion. In religiöse Welten entführt ihre entrückt kreiselnde Version des jüdischen Gebets »Im nin alu«, das durch die Vertonung von Ofra Haza berühmt wurde. Melancholisch geht es in der spanischen Ballade »Hijo de la luna« zu.

Aquabella präsentieren ihr Kaleidoskop der Weltmusik in geistreichen Arrangements. Dabei unterscheiden sich die Lieder thematisch gar nicht so sehr. »Das Motiv der unerfüllten Liebe kehrt immer wieder«, meint Bettina Stäbert. »Häufig geht es auch um Familie und Tod. Das sind eben die Grundthemen der Menschheit, die sich den Liedern aller Kulturen widerspiegeln.«

Wenn sie mal nicht auf der Bühne stehen, nehmen sich Aquabella Zeit, ihr Wissen um Stimme und Sprache in Chor-Workshops zu vermitteln. Bettina Stäbert, ausgebildete Schauspielerin mit dem Steckenpferd Pädagogik, leitet ebenfalls Musikprojekte an Berliner Schulen. »Am liebsten singe ich dann einige der wunderschönen arabischen oder türkischen Volkslieder. So lernen die Kinder gleich etwas über ihre Herkunftskulturen«, erzählt die Sängerin, die gern mal in den Bundestag gehen würde, um dort einen Kanon anzustimmen. »Wenn die Abgeordneten vor jeder Sitzung zusammen sängen, würden sie sich nicht streiten, sondern um sinnvolle Zusammenarbeit bemühen«, ist sie überzeugt.

Neben dem neuen Programm »Ayadooeh!« zeigen Aquabella in der kalten Jahreszeit ihre Show »Winterwunderweltmusik« mit Weihnachtsliedern aus aller Herren Länder. Der diesjährige Tournee-Auftakt geht am 27. November in der Berliner Passionskirche über die Bühne. www.aquabella.net

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