nd-aktuell.de / 27.11.2014 / Berlin / Seite 12

Ein Mann für alle Fälle

Innensenat: Staatsanwalt soll zentrale Anlaufstelle für Drogendelikte im Görlitzer Park werden

Am Dienstag nahm die Taskforce gegen Drogenhandel im Görlitzer Park die Arbeit auf. Innensenator Henkel will die Freimenge von Cannabis reduzieren, die SPD lehnt das ab.

Innensenator Frank Henkel (CDU) plädiert dafür, die Straffreiheitsgrenze für Drogenbesitz zu senken. Mit Blick auf den Drogenhandel im und rund um den Görlitzer Park in Kreuzberg setzte sich der CDU-Politiker am Mittwoch im rbb-Inforadio für eine bundeseinheitliche Regelung ein. Nur in Berlin gilt der Besitz von bis zu 15 Gramm weicher Drogen wie etwa Cannabis als straffrei. In den meisten Bundesländern seien es sechs Gramm, in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zehn Gramm, sagte Henkel. In Berlin werde nun neben einer generellen Regelung auch eine Toleranzgrenze für bestimmte Stadträume geprüft.

Der Koalitionspartner lehnt das ab. »Die Vorschläge zur Senkung der sogenannten Freimengengrenze über eine Änderung der § 31a BMTG-VO sind nicht zielführend und werden von uns nicht mitgetragen«, erklärte der rechtspolitische Sprecher Sven Kohlmeier der SPD-Fraktion am Mittwoch. Trotz der Verordnung zum Eigenverbrauch sei der Besitz von bis zu 15 Gramm Cannabis strafbar. Die Staatsanwaltschaft sehe in diesen Fällen jedoch von einer Strafverfolgung ab. »Dies entlastet Polizei und Justiz von langen Verfahren und kriminalisiert nicht den Eigenverbrauch geringer Mengen Cannabis.«

Innensenator Henkel warnte unterdes vor zu raschen Erwartungen an die am Dienstag ins Leben gerufene Taskforce zur Bekämpfung der Drogenkriminalität im Görlitzer Park. Man müsse einen langem Atem haben. Als positiv wertete Henkel, dass künftig Vertreter der Staatsanwaltschaft die Polizei begleiten.

Wer im Görlitzer Park und Umgebung mit weniger als 15 Gramm Haschisch angetroffen wird, muss möglicherweise künftig mit Bestrafung rechnen. Die Behörden wollen jetzt die Einrichtung einer »Schwerpunktzone« prüfen, in der eine Strafverfolgung dieser Fälle möglich sein soll, wie die Berliner Senatsverwaltung für Inneres am Dienstag mitteilte. Polizei und Staatsanwaltschaft wollen künftig noch enger zusammenarbeiten und täter- wie kiezorientiert vorgehen. Das bedeutet, dass es einen Staatsanwalt als zentrale Anlaufstelle geben wird, bei dem die Bearbeitung der Drogenkriminalität und aller anderen Delikte im Görlitzer Park zusammenläuft.

In Bezug auf das Thema Görlitzer Park sei eine Senkung der Freimengenreglung nicht nötig, meint die SPD. Kohlmeier: »Denn auch nach der geltenden Rechtslage fällt ein Dealer nicht unter die Freigrenzenregelung. Wenn dieser drei mal am Tag an sieben Tagen die Woche mit unter 15 Gramm angetroffen wird, ist das erkennbar kein Besitz zum Eigenverbrauch.«

Die Polizei wird nach Angaben der Innenverwaltung auch in nächster Zeit erhöhte Präsenz in dem Stadtviertel zeigen. Laut Polizeipräsident Klaus Kandt wurden zwischen dem 15. und 24. November im Görlitzer Park 622 Personen überprüft, 255 Platzverweise erteilt, 42 Freiheitsentziehungen verhängt und 253 Strafanzeigen erstattet.

Das Bezirksamt will sich um eine Ausweitung des Quartiersmanagements bemühen und den Umbau des Parks vorantreiben. Am Dienstag wurden Hecken und Sträucher gestutzt oder abgeholzt, um den Park für Dealer weniger attraktiv zu machen.

»Ziel sämtlicher Maßnahmen muss die Stärkung der Prävention sein«, sagte der gesundheitspolitische Sprecher Thomas Isenberg der SPD. Statt Gelegenheitskonsumenten beispielsweise durch eine Senkung der Freimengen zu kriminalisieren, müsse die Drogenbeauftragte zusammen mit dem Gesundheitssenator und weiteren Akteuren die Prävention auch in Schulen sowie die Beratung, die Einrichtung von Drogenräumen oder Streetworker-Projekten stärken. dpa/nd