nd-aktuell.de / 03.12.2014 / Ratgeber / Seite 22

Chancen und Risiken mit der Änderung der Pflichtgrenze 2015

Krankenversicherung

Hermannus Pfeiffer
Im kommenden Jahr steigt die sogenannte Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung. Damit wächst auch die Chance für viele Bürger, in einer gesetzlichen Krankenkasse zu bleiben. Doch die Anpassung an höhere Einkommen reicht nicht aus für eine sozialere Versicherungslandschaft in Deutschland.

Das Gesundheitssystem in Deutschland ist in gesetzliche Krankenkassen (GKV) und private Krankenversicherer (PKV) gespalten. Rund 70 Millionen Versicherte werden von einer gesetzlichen Krankenkasse versorgt. Die Anzahl der Krankenkassen hat sich im Laufe der letzten Jahre ständig reduziert.

So konnten Betriebskrankenkassen, die lange mit Dumpingbeiträgen Kunden werben durften, wirtschaftlich nicht überleben. Insbesondere durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz hat der Konzen-trationsprozess »eine neue Dynamik bekommen«, sagt eine Sprecherin des GKV-Spitzenverbandes in Berlin. Derzeit gibt es noch rund 130 gesetzliche Kassen. Die 50 privaten Versicherer sind im PKV-Verband zusammengeschlossen und umfassen um die 10 Millionen Bürger.

Neue Grenzwerte von der Bundesregierung beschlossen

Allerdings hat der Gesetzgeber für Wechselwillige Grenzen gesetzt. Ein Übertritt ist für die 70 Millionen Versicherten in der GKV nur möglich, wenn das Einkommen oberhalb der sogenannten Versicherungspflichtgrenze liegt. Nur wer ein höheres Einkommen bezieht, hat die Wahl: Sie können freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse bleiben oder sie kündigen die Kassenmitgliedschaft und versichern sich privat.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Sommer einen Entwurf zu den vorläufigen Sozialversicherungs-werten für 2015 entwickelt. Der entsprechenden »Verordnung über die maßgebenden Rechengrößen der Sozialversicherung 2015« muss aber noch der Bundesrat zustimmen.

»Wesentliche Änderungen an dem Entwurf dürfte es nicht mehr geben, da die Rechengrößen der Sozialversicherung nach einem fixen Schema bestimmt werden«, sind die Experten vom »Versicherungsjournal« überzeugt. Danach legt die Bundesregierung einen Anstieg der Bruttolöhne und Bruttogehälter in 2013 von 1,99 Prozent in den alten Bundesländern und von 2,19 Prozent in den neuen Bundesländern zugrunde - die gesamtdeutsche Veränderungsrate beträgt 2,03 Prozent.

Betroffen davon sind Beitragsgrenzen in der Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung. Doch auch in der gesetzlichen Krankenversicherung gelten 2015 höhere Grenzen: Die »Versicherungspflichtgrenze« soll wie in den beiden Vorjahren von 53 550 Euro auf 54 900 Euro im Jahr (monatlich von 4462,50 Euro auf 4575 Euro) steigen.

Die Zahl der Versicherten mit Wechselmöglichkeit dürfte trotzdem aufgrund steigender Einkommen aus lohnabhängiger Arbeit um einige Hunderttausend zunehmen. Versicherte, die im kommenden Jahr mehr als 54 900 Euro jährlich verdienen, werden 2015 dann selber entscheiden können, ob sie in eine private Krankenversicherung wechseln.

Deutlich höhere Beiträge bei Privatversicherungen

Die Privatversicherten müssen mit zunehmendem Lebensalter mit deutlich höheren Beiträgen rechnen - dagegen stehen möglicherweise bessere Leistungen bei Vorbeugung und Behandlung. Besonders Rentner und Pensionäre könnten dadurch jetzt und in der Zukunft finanzielle Probleme bekommen.

Der spätere Wechsel in einen privaten Billigtarif ist dann oft schwierig oder gar unmöglich. Familien mit Kindern (sie sind in der Gesetzlichen kostenlos mitversichert) ist grundsätzlich von einem Wechsel zu einem privaten Anbieter abzuraten.

Unser Tipp

  • Vor einem Wechsel in die private Krankenversicherung sollten Sie sich neutral beraten lassen, etwa durch den Bund der Versicherten oder durch eine Verbraucherzentrale. Auch die letztlich (parteiische) Beratung durch eine gesetzliche Krankenkasse kann Ihnen bei einer Entscheidung helfen.
  • Informieren Sie sich ausführlich durch Broschüren oder Bücher. Bei einem Abschluss ist größte Skepsis vor Versicherungsvermittlern geboten, weil Versicherungskonzerne nach unseren Informationen bis zu acht Monatsbeiträge als Provision an den Vermittler zahlen. Da ist die Versuchung groß, mögliche Kunden falsch zu beraten.

Hermannus Pfeiffer