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PKK auf dem Weihnachtsmarkt

Vor dem Treffen der Innenminister in Köln fordern linke und kurdische Gruppen die Aufhebung des Parteiverbots

  • Anja Krüger, Köln
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein linkes Bündnis mobilisiert für das Wochenende zu einer bundesweiten Demonstration nach Köln. Es kritisiert die Abschottung Europas und die Kriminalisierung kurdischer Aktivisten in Deutschland.

Im Vorfeld der Innenministerkonferenz der Länder in Köln ruft ein Bündnis kurdischer, antirassistischer und linker Gruppen zu einer bundesweiten Demonstration gegen das Verbot der kurdischen Arbeiterpartei PKK und die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung auf. Die Organisatoren erwarten zu der Demonstration am 6. Dezember in der Domstadt einige Tausend Teilnehmer. Zu den Aufrufern und Unterstützern gehören mehrere Dutzend Organisationen aus dem ganzen Bundesgebiet, darunter viele regionale Antifa-Gruppen, die LINKE NRW, die Grüne Jugend Niedersachsen und NAV-DEM - Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland.

Auf der Tagesordnung der Innenministerkonferenz, die in der kommenden Woche in Köln stattfindet, stehen die Themen Asylpolitik und organisierte Einbruchskriminalität. Das Bündnis fürchtet, dass die Innenminister unter dem Punkt Einbruchskriminalität Absprachen über die Abwehr von Migranten treffen.

In langen Verhandlungen mit der Polizei mussten die Veranstalter die Demo-Route durch die Kölner Innenstadt an zwei Weihnachtsmärkten vorbei durchsetzen. Mit Hinweis auf die Weihnachtseinkäufer wollte die Polizei die Demonstration an den Rand der Innenstadt verlegen. »Dabei wollen wir gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit die Bevölkerung erreichen und mit unseren Themen konfrontieren«, sagte Ulf Petersen von der Menschenrechtsinitiative »Kein Mensch ist illegal«.

Angesichts der Tausenden von Menschen, die vor der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und in Irak fliehen müssen, fordern die Organisatoren ein radikales Umdenken in der deutschen Außen- und Asylpolitik. Zentral sind dabei ihrer Auffassung nach die Aufhebung des PKK-Verbots und ein Stopp der Verfolgung linker türkischer und kurdischer Organisationen. »In Europa werden die kurdischen Organisationen kriminalisiert, die in Rojava am entschlossensten Widerstand gegen IS leisten«, sagte Bündnissprecher Siyar Kulu mit Blick auf die Ereignisse im kurdischen Teil Syriens, in dem Angehörige der PKK-Schwesterorganisation gegen den IS kämpfen.

Solange das Verbot besteht, können die Ausländerbehörden in ausgesprochen fragwürdiger Weise damit operieren. Das zeigt der Fall von Deniz B., mit dem sich das Demo-Bündnis solidarisch erklärt. Deniz B. war 2003 nach Deutschland gekommen und 2005 als politischer Flüchtling anerkannt worden. Der 33-Jährige Kurde ist nicht vorbestraft und nicht wegen einer Straftat angeklagt. Im August 2013 verfügte die Ausländerbehörde des Rheinisch-Bergischen Kreises die Ausweisung von Deniz B. für die Dauer von zehn Jahren. Die Behörde begründet das mit Erkenntnissen von Verfassungsschutzbehörden, nach denen Deniz B. Funktionär der PKK sein soll. Denis B. bestreitet das.

Die Abschiebung kann nicht vollstreckt werden, denn er ist als politischer Flüchtling anerkannt. Aber gegen Deniz B. werden alle möglichen Maßnahmen verhängt. »Da mir derzeit die Möglichkeit Ihrer Entfernung aus dem Bundesgebiet nicht gegeben ist, schöpfe ich alle mir vom Gesetzgeber gegebenen Mittel aus, die von Ihnen ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit so gering wie möglich zu halten«, schrieb der verantwortliche Beamte der Ausländerbehörde Bergisch-Gladbach. Deniz B. musste in eine städtische Flüchtlingsunterkunft ziehen. Täglich muss er sich bei der Polizei melden. Er darf die Region nicht verlassen.

Grundlage für diese Repressalien ist die Einschätzung der PKK als »Terrororganisation«, sagt Deniz B.s Anwalt Hanswerner Odendahl. Wenn staatliche Stellen jemanden als PKK-Funktionär identifiziert haben, können die Ausländerbehörden vorgehen wie bei Deniz B. - ohne Beweise vorlegen zu müssen. »Der Generalbundesanwalt interessiert sich nicht für meinen Mandanten, weil er dessen Funktionärseigenschaft nicht beweisen kann«, sagt Anwalt Odendahl. »Aber der Ausländerbehörde reicht ein ›wahrscheinlich‹.« Deniz. B hat vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen die Maßnahmen der Ausländerbehörde geklagt. Am Dienstag wiesen die Richter seine Klage ab.

Wäre das PKK-Verbot aufgehoben, könnten die Behörden es sich nicht mehr so leicht machen. »Deniz B. ist kein Einzelfall«, sagt Petersen von der Gruppe »Kein Mensch ist illegal«. »Der deutsche Staat verfolgt mit dem Verbot die gleiche Kriminalisierungslogik wie der türkische Staat.«

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