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Gegenwind an der Wahlurne

Bürgerentscheid stoppt Rheingauer Windkraftpläne

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.

In einem Bürgerentscheid hat die Bevölkerung des hessischen Rheingau-Städtchens Oestrich-Winkel ehrgeizige Pläne für Windkraftanlagen auf den Höhenzügen des Rheingaugebirges jäh ausgebremst. Am Ende war am Sonntagabend die Mehrheit der Windkraftgegner mit 59,80 Prozent der abgegebenen Stimmen größer als erwartet und ihr Vorsprung nicht mehr einzuholen. Nach monatelangem Kampf um jede Stimme konnte die vor allem von Aktivisten aus CDU, FDP und AfD unterstützte Initiative »Pro Kulturland Rheingau« im Oestrich-Winkeler Rathaus ihren Erfolg feiern. Bei einer für solche Urnengänge relativ hohen Beteiligung von 47,2 Prozent übertrafen sie mit 2606 Stimmen mühelos das von der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) vorgeschriebene Quorum von mindestens einem Viertel aller Wahlberechtigten.

Die im Rheingau gut vernetzten Windkraftgegner hatten mit deutlich über 1000 Unterschriften im Sommer den Urnengang erzwungen. Sie warnten vor einer »Verschandelung« der durch Rheinufer, Weinberge und bewaldete Höhenzüge geprägten Landschaft sowie vor Nachteilen für Tourismus und Weinbau. Das Ergebnis ist nun für Stadtparlament, Magistrat und Stadtverwaltung bindend.

4200 mal Nein

Der Widerstand gegen geplante Windparks an Land und auf See gibt es inzwischen in etlichen Regionen. In den letzten Tagen kamen mehrere Meldungen etwa aus Mecklenburg-Vorpommern. So hat sich in Graal-Müritz jüngst ein Aktionsbündnis gegen den Bau des Windparks vor der Küste gegründet. Das Bündnis, dem laut Sprecher sämtliche Gemeindevertreter angeschlossen haben, hat bereits rund 4200 Unterschriften gegen den Windpark gesammelt.
Auch in der Region Altentreptow (Mecklenburgische Seenplatte) protestieren immer mehr Menschen gegen geplante Windräder. In Tützpatz gründete sich der Verein »Windflüchter e.V.«. Die Windparkgegner bekommen Rückenstärkung von der Denkmalpflege: Das Landesamt lehnt das Vorhaben ab. Die riesigen Räder würden den Denkmalwert der benachbarten Gutsanlagen beeinträchtigen und eine Nutzung verhindern.
Bürger aus Gadebusch wehren sich indessen gegen den Bau von Windrädern auf dem historischen Schlachtfeld von Wakenstädt in Nordwestmecklenburg. dpa/nd

Aus Sicht der vor allem von SPD und Grünen getragenen Initiative der Windkraftbefürworter ist damit eine Chance verspielt worden, einen lokalen Beitrag zur Energiewende zu leisten und der Stadt jährliche Einnahmen von über 200 000 Euro für die Verpachtung kommunaler Flächen an die Betreiber der Anlagen zu erschließen. Damit seien in der finanziell angeschlagenen Kommune sogenannte freiwillige Leistungen für Vereine, Brandschutz, Sportanlagen, Kultur- und Tourismusförderung, Mehrgenerationenhaus und Freibad gefährdet.

Im Rathaus von Oestrich-Winkel gibt ein Bündnis von SPD und Grünen den Ton an, während der direkt gewählte Bürgermeister Michael Heil der CDU angehört. Man habe sich nicht ausreichend mit den »Bedenken, irrationalen Ängsten und Scheinargumenten« der Gegner auseinander gesetzt, sagte die Landtagsabgeordnete Angela Dorn (Grüne) am Montag in Wiesbaden selbstkritisch. Das Signal von Oestrich-Winkel dürfte sich auch auf andere Kommunen im Rheingau auswirken.

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