nd-aktuell.de / 10.12.2014 / Politik / Seite 3

Rührig und unberührbar

SODI unterstützt die Dalits in Nepal bei ihrem Kampf um den Zugang zu sauberem Trinkwasser

Susanne Wienke, SODI

In Westnepal in dem Distrikt Dailekh erkämpfen sich Angehörige der Kaste der »Unberührbaren« den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das Wissen über ihre Rechte und den Mut, diese einzufordern, erlangen sie in selbstorganisierten Gruppen in ihren Gemeinden.

Lange Zeit hatten die Familien, die am Rande eines Dorfes in den Bergen Westnepals leben, sich mit dem mangelnden Zugang zu Trinkwasser abgefunden. Die Gemeindeverwaltung hatte die öffentliche Wasserleitung nicht bis zu den Häusern der Dalits, den Angehörigen der »unberührbaren« Kaste, verlegt. Das Kastensystem ist eine religiös begründete Gesellschaftsordnung, in der bestimmte Berufsgruppen, wie Schneider, Wäscher oder Müllsammler als »unrein«, andere wiederum, wie die ursprünglich als Priester tätigen Brahmanen, als »rein« bezeichnet werden.

Diskriminierung auf Grundlage der Kastenzugehörigkeit ist immer noch alltäglich. Die Dalits, die fast ein Viertel der Bevölkerung in dem Distrikt Dailekh ausmachen, sind von Armut besonders betroffen. Da sie kein Land besitzen, ist ihre Ernährungslage prekär. Sie haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Versorgung, was zur Ausbreitung von Durchfall, Cholera und Typhus und in Konsequenz schnell in einen Teufelskreis der Armut führt.

Die Bedeutung von sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung für ein menschenwürdiges Leben betont auch die UN-Sonderberichterstatterin, Catarina de Albuquerque. Sie macht darauf aufmerksam, dass weltweit Menschen durch Stigmatisierung von diesem Menschenrecht ausgeschlossen sind. Um das zu ändern, unterstützt die nepalische Organisation SAHAS, Partnerorganisation von SODI, DorfbewohnerInnen dabei, Selbsthilfegruppen zu gründen, die sich gemeinsam für ihre Rechte stark machen. Im Rahmen des gemeinsamen Projektes im Bergdistrikt Dailekh geben diese Gruppen nicht nur das Wissen über Hausgärten, gesunde Ernährung oder die Verbesserung der lokalen Produktionssysteme an andere Gemeindemitglieder weiter. Die Mitglieder lernen auch, sich kritisch mit gesellschaftlichen Strukturen auseinanderzusetzen, die der ungerechten Verteilung der Ressourcen zu Grunde liegen. Sie lernen, ihre Rechte einzufordern und sich selbst als Akteure für Veränderungen zu begreifen. Die Familien am Dorfrand, die sich in Selbsthilfegruppen organisiert haben, waren irgendwann selbstbewusst genug, um die Missachtung ihres Menschenrechtes auf sauberes Trinkwasser nicht länger hinzunehmen. Sie traten in Verhandlungen mit der lokalen Gemeindeverwaltung und erreichten so, dass Wasserleitungen bis zu ihren Häusern verlegt wurden.